Porträt: Viele Chinesen finden Yang Lis hu-moristische Patriarchatskritik nicht lustig

Die Grenzen des Humors

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»Kennen Männer überhaupt Grenzen?« Mit dieser Frage reagierte Yang Li Ende Dezember auf die Bemerkung eines Kollegen, die Satirikerin teste die Grenzen der Männer. Wo diese liegen, hängt vom Thema ab. Beim Ego gebe es kaum welche, stellte Yang Li mit Blick auf das Balzverhalten fest: »Sie sehen so mit­telmäßig aus, und doch schaffen sie es, so selbstbewusst zu sein.« Sehr eng gesteckt sind die Grenzen bei vielen Chinesen hingegen, wenn es um humoristische Patriarchatskritik geht. Die 29jährige wurde im für China noch ungewohnten Genre der Stand-up-­Comedy, in das die Drehbuchautorin aus Shanghai 2018 einstieg, sehr schnell zum Star – nicht zuletzt weil sie über tabuisierte Themen wie häusliche Gewalt spricht. Damit macht sie sich aber auch viele Feinde.
Seit Wochen wird ihr Showauftritt in den sozialen Medien skandalisiert, und da erscheint China gar nicht so fremd. Sie sei männerfeindlich, heterophob, eine ­militante Feministin und überdies gar nicht lustig, sondern unprofessionell. Das sei »keine wahre Stand-up-Comedy«, bemängelte etwa ihr populärer Kollege Chi Zi. Auch der Vorwurf Chu Yins, eines Juraprofessors und Comedians, Yang Lis »Geschlechterpolitik« gefährde »die Einheit der Arbeiterklasse«, klingt vertraut. Yang Li findet aber auch Unterstützung. Die prominente Schauspielerin Yao Chen lobte ihre Arbeit, der Comedian Joe Wong erläuterte geduldig, dass es darum gehe, »den Unterprivilegierten eine Chance zu geben, die Privilegierten zu verspotten«, dass Yang Li »nicht mit dem Finger auf jeden einzelnen Mann gezeigt« habe und ihre Comedy-Figur eben eine Figur sei. Sie gibt das Mädchen aus der Nachbarschaft, das sich scheinbar unbefangen äußert.
»Rock & Roast«, die Show, bei der Yang Li auftritt, wird von einer Privatfirma für das Internet produziert. Dennoch unterliegt sie, wie die Äußerungen in sozialen Medien, staatlicher Überwachung. Somit ist es unvermeidlich, dass in Comedy und Debatte auch erprobt wird, wie weit Patriarchatskritik gehen darf, ohne dass die von der Partei gehütete Einheit in Gefahr gerät.