Der Hygieneplan für Berliner Schulen

Für Wirtschaft und Vaterland

Klassenkampf Von

Sie sei sehr besorgt über die Schließung einer Schule in Berlin, weil sich die Lehrkräfte dort nicht an den Hygieneplan gehalten hätten, sagte Sandra Scheeres dem RBB. Und das tut mir natürlich leid, sie hat es im Moment schwer genug, die Berliner Schulsenatorin, da will man nicht, dass sie sich noch Sorgen machen muss wegen uns, der notorisch risikoaffinen, unbotmäßigen und tendenziell aufständischen Lehrerschaft. Schön immerhin ist, dass sie offenbar nicht besorgt ist, weil Menschen schlimm krank werden könnten – man kann sich schließlich auch zu viele negative Gedanken machen, und das können wir im Moment nicht gebrauchen. Trotzdem, als das folgsame Häschen, das ich nun einmal bin, interessiert mich natürlich, in welcher Hinsicht der Hygieneplan vernachlässigt wurde, man will diesen Fehler ja nicht wiederholen.

Es gibt viele Möglichkeiten. Vielleicht sind die Lehrkräfte daran gescheitert, den Kindern auf überzeugende Weise darzulegen, dass und warum sie ihre Masken immer und unbedingt tragen müssen, außer halt in diesen kleinen Klassenräumen, in denen sie sich dann in Gruppen von rund 30 Personen 90 Minuten lang intensiv gegenseitig ins Gesicht atmen. Oder sie haben ein Fenster oder eine Tür nicht geöffnet oder gar absichtlich geschlossen, weil draußen eine laute Straße ist oder eine Baustelle oder nebenan die 7c Unterricht hat und die 7c irre ist und immerzu schreit. Oder sie haben die Kinder nicht, wie empfohlen, dazu aufgefordert, sich nach dem Absetzen der Maske die Hände zu waschen – wozu sie sie natürlich zunächst wieder aufsetzen müssten, im Flur und in den Toiletten gilt ja für alle Maskenpflicht. Oder sie haben angesichts einer vor Hitze lahmenden Klasse vollkommen die Kontrolle verloren und jemanden aufgefordert, sich durch den Raum zu bewegen, vielleicht sogar einen Stift an eine Mitschülerin weiterzugeben, katastrophale Zustände entstehen schnell in diesen Zeiten. Vielleicht konnten sie den Jugendlichen auch nicht richtig erklären, dass und warum die Abstandsregeln auf dem Schulgelände aufgehoben sind, aber nach Verlassen des Schulgeländes sofort wieder in Kraft treten, ein paar Meter also darüber entscheiden, ob die bei den zwölf- bis 18jährigen so beliebte Menschenknäuelbildung in Ordnung geht oder dazu führt, dass Anwohner die Polizei rufen. Vielleicht sind die Lehrkräfte an der inzwischen übrigens wieder geöffneten Schule auch verschwörungstheoretisch versierte Arschnasen, die sämtliche Regeln außer Acht lassen und die Kinder animieren, es ihnen gleichzutun, solche Leute gibt es natürlich auch an Schulen. Aber falls die Schulöffnung, dieses lustige Abenteuer im Namen von Wirtschaft und Vaterland, scheitern sollte, wird das dann doch eher daran gelegen haben, dass sie halt noch irrer ist als die 7c, wenngleich leiser.