Porträt

Zufällig Nazi

Ist die Regierung in Brasilien faschistisch? Darüber kann man streiten – oder sich einfach ansehen, was ihre Vertreter so verzapfen. Vergangene Woche verwendete etwa der brasilianische Kultursekretär ­Roberto Alvim Phrasen, die sehr stark denen ähnelten, die der NS-Propagandaminister Joseph Goebbels im Mai 1933 in einer Rede vor Theaterleitern benutzt hatte. In einem am Donnerstag vergangener Woche veröffentlichten offiziellen Videoclip zur Werbung für einen nationalen Kunstpreis sagte Alvim unter anderem: »Die brasilianische Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch und national sein. Sie wird mit einer großen Fähigkeit zur emotionalen Beteiligung ausgestattet und unerlässlich sein, da tief mit den dringenden Bestrebungen unseres Volkes verbunden, oder sie wird nichts sein.« Bei Goebbels klang das damals so: »Die deutsche Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch, sie wird stählern romantisch, sie wird sentimentalitätslos sachlich, sie wird national mit großem Pathos und sie wird gemeinsam verpflichtend und bindend sein, oder sie wird nicht sein.« Weiter hieß es bei Alvim: »Die Kultur kann die enormen intellektuellen und politischen Veränderungen, die wir erleben, nicht ignorieren.« In Goebbels’ Original ging es ums Kino, nicht um die Kultur.

Doch nicht nur Alvims Worte, auch die gesamte Inszenierung des Clips und die musikalische Untermalung mit Wagners Oper »Lohengrin«, die Adolf Hitler sehr gemocht haben soll, stieß kritischen Beobachterinnen und Beobachtern auf. Alvim wurde am 17. Januar nach nicht einmal zweieinhalb Monaten im Amt entlassen. Er habe nicht gewusst, dass die Phrasen von Goebbels stammten, ihm sei keinerlei »Spur von Nazismus« aufgefallen und »der Satz an sich« sei »perfekt« – alles nur ein »rhetorischer Zufall«, verteidigte sich Alvim. Immerhin verdeutlicht diese Episode, dass es eine große ideologische Nähe der rechten Regierung zum Nationalsozialismus gibt – ob gewollt oder ungewollt, ist letztlich egal. Dass es in Alvims Kopf auch sonst manchmal spukt, zeigt eine Aussage einige Tage nach seiner Entlassung: »Ich bete ununterbrochen und beginne, in dieser schrecklichen Geschichte keine menschliche, sondern eine satanische Handlung zu vermuten.« Auch Millionen Nazis wurden bekanntlich vom Teufel verführt.