In Berlin hat eine Konferenz der Hamas nahestehender Gruppen stattgefunden, Proteste gab es kaum

Antisemitismus im Hochzeitssaal

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Mit der Konferenz wolle man sich für den Fortbestand des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) einsetzen, sagte Majed al-Zeer vom PRC. Das UNRWA sah sich zuletzt häufig mit Korruptions- und Antisemitismusvorwürfen konfrontiert. 2014 wurde ein von dem Hilfswerk verwaltetes Gebäude nach Angaben der Organisation von der Hamas als Waffenlager missbraucht. Kritisiert wird unter anderem, dass das UNRWA ausschließlich für palästinensische Flüchtlinge zuständig ist, während Flüchtlinge aus allen anderen Teilen der Welt vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten ­Nationen (UNHCR) betreut werden. Die USA stellten ihre Zahlungen an das UNRWA im August vorigen Jahres ein. Daraufhin erhöhte die Bundesregierung ihre Zahlungen an die Organisation.

Dafür bedankten sich einige Redner auf der Konferenz. Zudem machten sie deutlich, dass sie das UNRWA nicht nur aufgrund ihrer humanitären ­Unterstützung für die Palästinenserinnen und Palästinenser schätzen, sondern es auch als politisches Mittel sehen, um das sogenannte Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge durchzusetzen. Denn das UNRWA definiert den Status der palästinensischen Flüchtlinge (anders als das UNHCR den aller anderen Flüchtlinge) als vererbbar, so dass diese eine stetig wachsende Gruppe von derzeit mehr als fünf ­Millionen Menschen darstellen. Deren Groß- oder Urgroßeltern haben zwar auf dem Territorium des ehemaligen britischen Mandatsgebiets Palästina gelebt. Sie selbst waren aber oft noch nie dort und sind größtenteils in ­Ländern wie dem Libanon, Syrien oder Deutschland aufgewachsen, deren Staatsbürger sie oft auch sind. Die Konferenzteilnehmer wollen, dass die Flüchtlinge das Recht erhalten, nach Israel einzuwandern. Das würde die demographische Grundlage des jüdischen Staates untergraben.

Auch Hasan Khraysha, der stellvertretende Sprecher des palästinensischen Legislativrates, in dem die Hamas die Mehrheit der Sitze hält, sprach auf der Konferenz. Er sagte, es sei Aufgabe des UNRWA, »den Schaden, der durch die Oslo-Verträge angerichtet wurde, wiedergutzumachen«. Das im September 1993 in Washington, D.C., von Israels damaligem Ministerpräsidenten, Yitzhak Rabin, und dem damaligen Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Yassir Arafat, unterzeichnete Oslo-­Abkommen legte den Grundstein für die palästinensische Selbstverwaltung in der Westbank und im Gaza-Streifen. Viele sahen diese als Vorstufe zu einem unabhängigen, arabisch-palästinensischen Staat. Im Gegenzug sollte die PLO Israel als jüdischen Staat anerkennen. Doch genau das ist für Khraysha inakzeptabel.

Auch der Publizist Abraham Melzer sprach auf der Konferenz. Im Januar 2018 wies das Münchner Landgericht eine Unterlassungsklage Melzers gegen Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeine München und Oberbayern, zurück. Knobloch hatte Melzer als »für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt« bezeichnet.
In seiner Rede machte Melzer keinen Hehl daraus, dass er Jüdinnen und ­Juden einen Anspruch auf den Staat Israel als nationale Heimat abspricht. ­Juden, die in Israel leben, bezeichnete er als »Kolonialisten«; eine Bindung an das Land sprach er ihnen ab. Entgegen den Tatsachen behauptete Melzer, eine Vertreibung von Juden aus arabischen Ländern habe niemals statt­gefunden. Seine Ansprache war im Wesentlichen eine Wiedergabe der üblichen antizionistischen, die Realität verzerrenden und die Existenz des Staates Israel delegitimierenden Stereotype. »Wenn der weiße Staat in Südafrika Apartheid ist, dann ist auch ein jüdischer Staat in Palästina Apartheid«, sagte Melzer unter begeistertem Applaus des Publikums.

Schon die Idee eines jüdischen Staats, die sich Theodor Herzl noch vor dessen tatsächlicher Gründung erträumt habe, sei »ein Synonym für Apartheid«. Zionismus, also das Streben nach einer nationalen Heimstätte für Juden, sei Rassismus. Damit ließ der Publizist keinen Zweifel daran, dass es in seinen Augen nicht einfach eine bestimmte Politik ist, die den Staat Israel ins Unrecht setze, sondern schon dessen bloße Existenz als jüdischer Staat inakzeptabel sei.