Debatte um chinesische Industriespionage

China am Apparat

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Bei China sieht das anders aus. Deutsche Konzernvorstände machen sich große Sorgen, dass chinesische Konzerne technologisch aufschließen und zu Konkurrenten der deutschen ­Industrie werden. Nachdem chinesische Investoren 2016 den deutschen Robotikhersteller Kuka aufgekauft hatten, wurden deshalb die entsprechenden Auflagen verschärft. Man fürchtet ­chinesische Industriespionage. Bereits 2014 erging ein Urteil gegen Mitarbeiter Huaweis, die in einem Labor der Deutschen Telekom spioniert haben sollen. In den USA läuft derzeit ein weiteres Verfahren gegen Huawei, in erster Linie wegen Verstößen gegen die Iran-Sanktionen, doch auch wegen Spionage.

Auch in der europäischen Peripherie gewinnt China an Einfluss, indem es in krisengeschüttelten Ländern in Ost- und Südeuropa und auf dem West­balkan wichtige Infrastruktur baut oder aufkauft. Der wichtigste Hafen Griechenlands in Piräus wurde zum Beispiel im Zuge der Schuldenkrise an einen chinesischen Konzern verkauft. Sogar Italien hatte sich Anfang des Jahres über die Bedenken anderer EU-Staaten hinweggesetzt und sich als erstes G7-Land der chinesischen »Belt and Road«-Initiative angeschlossen. Eine ein­heitliche europäische Politik gegenüber China wird so immer schwieriger.

Die USA sind hingegen bereit, enorme Kosten in Kauf zu nehmen, um wirtschaftlichen Druck auf China auszuüben. Gegen Huawei geht die US-­Regierung ganz direkt vor. Im Mai setzte sie den chinesischen Konzern auf eine schwarze Liste: Ab dem 19. November soll Huawei keinerlei Technologie mehr von US-Unternehmen erhalten. Dabei geht es um hochspezialisierte Mikrochips, die in China nicht hergestellt werden können, sowie um das Betriebssystem Android von Google, auf das alle Hua­wei-Smartphones angewiesen sind. Ob dieses Verbot wirklich in Kraft tritt, ist wohl derzeit Gegenstand von Verhandlungen zwischen China und den USA.

Im Umgang mit China stehen wirtschaftliche Interessen manchmal im Konflikt mit langfristigen strategischen Prioritäten – darum geht es letztlich auch im deutschen Streit um das 5G- Netz. Für die deutsche Regierung stellt sich die Frage, wie man sich im neuen Konflikt zwischen den USA und China positioniert. China ist kein potentieller Verbündeter, sondern ein Konkurrent, den man sich lediglich nicht zum Feind machen will. Die Diskussion über 5G ist da eine strategische Herausforderung – ähnlich wie jene über die Pipeline »Nord Stream 2« für das deutsche Verhältnis zu Russland.