Massenproteste in Hongkong

Wunsch und Wirklichkeit in Hongkong

Die Proteste in Hongkong erregen weltweit Aufmerksamkeit. Inter­nationale Unterstützung wird der Bewegung allerdings kaum helfen.

Die Behörden hatten Demonstrationen am chinesischen Nationalfeiertag in Hongkong eigentlich verboten. Während die Partei- und Staatsführung am Dienstag voriger Woche mit großem Pomp und Militärparaden den 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik feierte, protestierten in Hongkong erneut Zehntausende Menschen gegen den Einfluss Chinas auf die Sonderverwaltungszone. Tausende Polizisten waren mit Tränengas, Gummigeschossen und Wasserwerfern gegen die Demonstrierenden im Einsatz. Einige der Protestierenden warfen Brandsätze, Steine und andere Gegenstände. Zum ersten Mal während der anhaltenden Proteste schoss ein Polizist, er traf einen Demonstranten in die Brust, dieser überlebte. Zahlreiche Menschen wurden im Zuge von Ausschreitungen verletzt.

Die Volksrepublik China prangert seit Beginn der Proteste im Juni ausländische Einmischung in Hongkongs Angelegenheiten an.

Am Freitag voriger Woche wurde in Hongkong ein Vermummungsverbot verhängt, das ließ die Proteste erneut eskalieren. Dutzende Menschen wurden wegen des Verstoßes gegen das Verbot festgenommen. Am Wochenende legten Protestierende Feuer in U-Bahnstationen und verwüsteten Geschäfte. Am Dienstag sagte Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam bei einer Pressekonferenz, die chinesische Armee könne eingesetzt werden, sollte die Lage schlimmer werden.

Die Proteste in Hongkong sorgen seit Monaten international für Aufsehen. Die Kongressausschüsse in den USA haben vorvergangene Woche den Hong Kong Human Rights and Democracy Act gebilligt, einen Gesetzentwurf, für dessen Verabschiedung in Hongkong am 8. September Zehntausende demonstrierten. Im Lauf des Oktobers soll im Kongress darüber abgestimmt werden, erfoderlich ist zudem die Zustimmung von US-Präsident Donald Trump. Der Gesetzentwurf soll den United States-Hong Kong Policy Act von 1992 ergänzen, der es erlaubt, Hongkong in den meisten wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht als Teil der Volksrepublik China zu behandeln. Das neue Gesetz soll die US-Regierung unter anderem dazu befugen, Sanktionen gegen chinesische Beamte zu verhängen, wenn diese Hongkongs Autonomie sowie »zivile Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit« nicht wahren. Obwohl der Entwurf in den USA von republikanischen und demokratische Politikern unterstützt wird, ist seine Verabschiedung keineswegs sicher. Zudem sind die Formulierungen vage gehalten; so bleibt offen, welche konkreten Folgen Verstöße Chinas hätten. Die US-Regierung sieht das Gesetz zweifellos als Werkzeug in ihrem Handelskonflikt mit China und sorgt sich vermutlich weniger um die Belange der Bevölkerung Hongkongs.