Der basisdemokratische ­Gewerkschaftsbund Koah LaOvdim gewinnt immer mehr Mitglieder

Die Prekären organisieren

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Mit Blick auf die Knessetwahlen am 17. September sagt Vatury im Gespräch mit der Jungle World: »Unsere Mitglieder sind oft hervorragende Gewerkschafter und zugleich schreckliche Wähler.« Gewerkschaftsfreundliche Parteien dürften bei der Wahl jüngsten Umfragen zufolge weniger als 20 Prozent der Stimmen erringen. Jemanden als Linken zu bezeichnen, gilt in weiten Teilen der israelischen Gesellschaft als Beleidigung. Viele Gewerkschafter, die klar linke Positionen vertreten, bezeichnen sich selbst folglich lieber nicht als links. Einen Tarifvertrag streben dennoch viele Israelis an und sind deshalb Gewerkschaftsmitglied.

Koah LaOvdim erhält keine Zuschüsse vom Staat oder anderen Organisationen. Nur die Mitgliedsbeiträge stehen als Geldquelle zur Verfügung. Ein ­internationales Sekretariat kann sich Koah noch nicht leisten, dennoch wird der Gewerkschaftsverband immer häufiger auf Konferenzen eingeladen, zuletzt von der italienischen CGIL und der französischen CGT. Auch mit skandinavischen Gewerkschaften intensiviert sich der Kontakt. Es gab den Versuch, in Zusammenarbeit mit einer schwedischen Gewerkschaft ein Großprojekt zu beginnen, das eine umfassende Organisierung in Ostjerusalem ermöglicht hätte. Der schwedische Staat war bereit, das Vorhaben im Rahmen eines EU-Programms zu unterstützen, konnte sich damit aber innerhalb der EU nicht durchsetzen.

Jenseits der sogenannten Grünen Linie, der Grenze von 1967 zwischen ­Israel und den späteren palästinensischen Gebieten Westjordanland und Gaza-Streifen, schwinden die Möglichkeiten für Koah LaOvdim und Histadrut. Viele Mitglieder leben in Ostjerusalem, etliche prekär Beschäftigte wohnen aufgrund geringerer Lebenshaltungskosten in israelischen Siedlungen jenseits der Grünen Linie.

Die PGFTU, der Gewerkschaftsdachverband in den palästinensischen Gebieten, gehört zur Autonomiebehörde. Die palästinensische Führung verweigert ihren Bewohnern grundlegende Arbeitsrechte, es gibt weder Kündigungsschutz noch Streikrecht. Die Polizei in der Westbank ordne jede Orga­nisierung als Bedrohung ein und gehe dagegen vor, sagt Vatury. Eine Anfrage der Jungle World an die Zentrale der PGFTU in Nablus blieb unbeantwortet.