Der basisdemokratische ­Gewerkschaftsbund Koah LaOvdim gewinnt immer mehr Mitglieder

Die Prekären organisieren

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So hat der Gaza-Krieg von 2014 viele arabische und palästinensische Mitglieder erregt, während jüdische Mitglieder meist die israelische Armee unterstützten. Deshalb äußerte sich Koah LaOvdim nicht dazu. Auch zur Besatzung im Westjordanland hat Koah keine offizielle Position. Sehr wohl allerdings dazu, wenn Israelis die Rechte palästinensischer Arbeiter einschränken.

Gegen mutmaßlich rassistisch motvierte Polizeigewalt stellten sich Araber und Juden von Koah LaOvdim einmütig – beispielsweise als vor einigen Monaten ein Polizist einen 16jährigen äthiopischstämmigen Jungen erschoss. So unterstützten damals die bei Koah LaOvdim organisierten Busfahrer die Straßenblockaden der äthiopisch­stämmigen Demonstranten.

2.000 Busfahrer organisieren sich bei Koah LaOvdim gegen die sich ständig verschlechternden Arbeitsbedingungen. In Israel kann man sich beispielsweise über die zwölf gesetzlichen Urlaubstage hinaus den Feiertagskalender aussuchen. An den meisten jüdischen Feiertagen fahren in Israel kaum Busse, an den muslimischen Feiertagen hingegen schon.

Majed Mabrook als Beschäftigter im öffentlichen Transportwesen muss die jüdischen Feiertage einhalten. Er hat sich vor viereinhalb Jahren der Busfahrergewerkschaft von Koah LaOvdim angeschlossen. ­Gemeinsam versuchen die Gewerkschafter, bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen, zum Beispiel dass an den Stellen, an denen Fahrer Pause machen müssen, Toiletten bereitgestellt werden.

In Israel benötigen Gewerkschaften eine Zulassung; das ist zu viel Aufwand für kleine Betriebsgewerkschaften. Der Dachverband Koah LaOvdim stellt einen rechtlichen und organisatorischen Rahmen zur Verfügung, in dem sich Betriebsgewerkschaften selbständig organisieren können. Die Gewerkschaftssekretäre von Koah stellen ihre Erfahrung zur Verfügung und helfen bei der Formulierung von Tarifverträgen. Zudem sind viele Mitglieder wie Lehrer, Fahrer und Kinderbetreuer­innen in landesübergreifenden Bran­chenge­werk­schaften organisiert.

Koah führt im Vergleich zu den anderen israelischen Gewerkschaften mit Abstand die meisten Arbeitskämpfe. Die interne Demokratie bei Koah konsequent zu verwirklichen, ist aufwendig, weil alle wichtigen Entscheidungen von der Basis getroffen werden müssen. Das Zentralkomitee besteht aus sechs Juden und vier Arabern, die Hälfte des Komitees besteht aus Frauen. Auch gut die Hälfte aller Mitglieder sind Frauen. Der Anteil variiert allerdings je nach Branche erheblich. Die Busfahrergewerkschaft etwa hat vorwiegend männliche Mitglieder. Bei den Kinderbetreuerinnen ist es umgekehrt. In dieser Branche sind auch die meisten der ultraorthodoxen Mitglieder von Koah LaOvdim organisiert.