Ultras, Hooligans, Neonazis

Pro­fessionalisierung der Gewalt

Seite 3 – Ideologische Schnittmengen

Die Vorkommnisse in Chemnitz sind nur ein Beispiel für die Überschneidungen von Hooligan- und Neonazimilieus. Die ideologischen Schnittmengenzwischen Neonazismus und Hooliganismus sind groß. Das Selbstbild als zuschlagender, wehrhafter, männlicher Kämpferbund ist elementar für Hooligan- wie auch für Nazigruppen, hinzu kommt die Ästhetisierung der Gewalt samt Körper­kult. Damit geht eine hohe Gewaltbereitschaft einher und die Legitimierung von Gewalt­anwendung als Mittel zum Zweck.

Über die Größe der Hooliganszene in Deutschland wird gerade nach Vorkommnissen wie in Chemnitz oft spekuliert. Robert Claus, Fanforscher und Mitarbeiter der »Kompetenzgruppe Fankulturen und sportbezogene soziale Arbeit« (KoFaS) in Hannover, schätzt, dass es derzeit in Deutschland ungefähr 1.000 aktive Hooligans gibt – aktiv heißt, an typischen »Acker-Matches« beteiligt. Dazu kämen noch sogenannte Althools im niedrigen fünfstelligen Bereich, die wenig bis gar nicht mehr an Kämpfen beteiligt sind und sich in erster Linie über die Vergangenheit innerhalb der Hooligan-Szene und deren Glanzzeiten in den achtziger und frühen neunziger Jahren definieren.

Claus spricht von einer »Pro­fessionalisierung der Gewalt« als wichtigstem Unterschied zwischen früheren und der heutigen Hooligan-Generation. »Die Entwicklung führte von einer Randaleszene in den achtziger Jahren zu einem professionalisierten, internationalen Kampfsportnetzwerk heutzutage.« Die Zusammensetzung der Szene – sowohl ethnisch als auch politisch – sei heterogener, als viele Leute meinen. »Schon immer gab es auch Migranten und nichtweiße Hooligans in der Szene sowie Hools, die sich links verorten«, sagte Claus der Jungle World. »Das ist bis heute so, auch wenn Hooligans oftmals dann medial erscheinen, wenn es zu extrem rechten Gewalttaten kommt.«