Prozess gegen die Freie Kameradschaft Dresden

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Seite 2 – Erinnerungslücken vor Gericht

Zwei Mitglieder der FKD, Florian N. und Robert S., hatten sich bei einem früheren Prozess im Sommer 2017 als kooperationswillig erwiesen. Sie ließen sich auf einen Deal mit der Staats­anwaltschaft ein und gestanden eini­ge der Taten. Dafür erhielten sie nach wenigen Verhandlungstagen im August 2017 eine vergleichsweise moderate Gefängn­isstrafe von drei Jahren und acht Monaten.

Die Angeklagten im Hauptverfahren waren bei weitem nicht so gesprächig. Wenn sie im Lauf des Prozesses Straftaten einräumten, dann in der Regel nur, um die eigene Tatbeteiligung zu beschönigen oder herunterzuspielen. So mussten zahlreiche Zeugen angehört, Videos und andere Beweise gesichtet werden, um die Tathergänge zu rekonstruieren. Als Zeugen geladen waren in den vergangenen zwei Jahren Dutzende Neonazis aus dem Umfeld der FKD. Ihr Aussageverhalten war ­geprägt von umfangreichen Erinnerungslücken. Der Dresdner Neonazi Patrik L., der selbst zu einer Haftstrafe wegen seiner Beteiligung an den rassistischen Ausschreitungen in Heidenau verurteilt wurde, nahm sogar sechs Monate Beugehaft in Kauf, um nicht gegen seine Kameraden aussagen zu müssen.

Als einzige der sechs Angeklagten war Janette P. bereit, mit dem Gericht zu kooperieren, um einer drohenden Haftstrafe zu entgehen. In einer tränenreichen Einlassung berichtete sie im Verfahren von ihrer schweren Kindheit und ihrem Weg in die organisierte Neonaziszene. Die Strategie der Verteidigung von Janette P. ist es, ihre Mandantin als Opfer und Mitläuferin der Gruppe erscheinen zu lassen. Dabei zeichnen die Ermittlungsergebnisse ein anderes Bild von der jungen Frau. Sie fungierte anscheinend als Verbindungsglied zwischen der FKD, der »Gruppe Freital«, der neo­nazistischen »Reisegruppe 44« und anderen Neonazis und Hooligans aus der Region. Neben dem mutmaßlichen Anführer der Gruppe, dem 30jährigen Studenten Benjamin Z., scheint Janette P. damit eine tragende Rolle innerhalb der FKD zugekommen zu sein.