Sun Ras »Space Is the Place« auf Blu-ray

Kosmische Emanzipation

Seite 5 – Schwarze Utopia im Weltall

Sun Ra hat sogar darauf bestanden, dass der Film für das Kino auf eine 60minütige Version gekürzt wird, da ihm das Ergebnis zu sexistisch war, erst nach seinem Tod erschien erstmals die nun vorliegende, in der Tat stellenweise sexistische und misogyne achtzigminütige Schnittfassung des Films.

Vorausgegangen war dem Film das Seminar »The Black Man in the Cosmos«, das Sun Ra 1972 an der University of California in Berkeley abgehalten hatte, sowie die Anfrage von John Coney, einen Dokumentarfilm über Sun Ra und sein Arkestra zu drehen. Dies erklärt den seltsamen Mix aus dokumentarischen Konzertaufnahmen, Space-Mythologie und Spielfilmelementen, denn Sun Ra ließ sich schnell überzeugen, zur Verbreitung seiner Ideen das Genre Film zu nutzen – allerdings in Form eines Science-Fiction- und keines Dokumentarfilms. Jede Einstellung, jede Szene des Films ist mit Bedeutung aufgeladen, ist inszeniert im Sinne von Sun Ras schwarzen Utopia im Weltall.

Nach einem kurzen Vorspiel im Weltall beginnt die Handlung des Films in einem Jazzclub in Chicago 1943, in dem der Pianist Sonny Ray die Begleitmusik zu exotischen Tänzen leichtbekleideter Frauen spielt. Als sein Gegenspieler The Overseer den Laden betritt und den Manager auffordert, dass der Pianist sich ­gefälligst etwas zurückhalten und stattdessen mehr Mädchen auf die Bühne sollen, eskaliert die Situation: Sonny Rays Pianospiel löst sich immer mehr in Lärm auf, der Gläser zerspringen lässt, Besucher verlassen schreiend den Raum und das Klavier explodiert. Schon hier zeigt sich ein zentraler Konflikt, der im Film ausgetragen wird: Was ist die Rolle von Kunst, von Musik, für die schwarze Community. The Overseer sieht im Jazz reines Entertainment, den Soundtrack zu seiner persönlichen Unterhaltung, während Sonny Ray Musik als Beitrag zur Befreiung von den Zwängen der Gesellschaft, von Alltagsrassismus und Armut begreift.