Massenproteste in Russland

»Das sind Versuche, die Menschen einzuschüchtern«

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Interview Von

Stattdessen wird mittels Repressalien kommuniziert?
Ja, jeden Tag gibt es neue Informationen über Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und die Eröffnung von Strafverfahren. Dazu gibt es keine Kommentare von politischen Mandatsträgern.

Am 8. September finden nicht nur die Wahlen zur Moskauer Duma statt. Was steht noch zur Wahl?
Es werden 16 Gouverneure gewählt, 13 Regionalparlamente und in 31 Regionen und in regionalen Hauptstädten werden Stadträte gewählt.

Werden unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten zumindest in den Provinzen zugelassen?
Leider ist die Situation in vielen Regionen ähnlich. In Irkutsk zum Beispiel wurden viele unabhängige Kandidaten nicht zur Wahl des Stadtrats zugelassen. In der Region Transbaikalien wird einem Kandidaten der Kommunistischen Partei die Teilnahme an der Gouverneurswahl verweigert, das gleiche im Oblast Lipezk.
In Tscheljabinsk im Südural werden auch viele Kandidaten nicht zugelassen, bislang ohne klare Begründung. Ist das eine gängige Praxis?
Ja. Das ist mittlerweile eine übliche Strategie. Kandidaten, die die Chance haben zu gewinnen, wird die Teilnahme einfach verweigert.


Aleksandr Kynew ist Professor für Politikwissenschaft an der Higher School of Economics in Moskau. Er forscht unter anderem zum Parteien- und Wahlsystem und zu politischen Prozessen in den Regionen Russlands. Nach den Massenprotesten gegen angebliche Manipulationen bei den Parlamentswahlen 2011 gründete er 2012 mit anderen die NGO Komitee der Bürgerinitiativen (KGI) und koordiniert dort die Wahlbeobachtung.