Dem Putschversuch in Äthiopien folgt eine Regierungskrise

Exklusive Ethnien

Seite 4 – Millionen auf der Flucht

Der mutmaßliche Urheber des Putsch­versuchs, General Asaminew Tsige, ehemaliger Leiter der Ordnungskräfte der Region Amhara, wurde zwei Tage nach dem Attentat erschossen. Er war erst im vergangenen Jahr im Rahmen einer Amnestie für politische Gefangene nach nahezu zehn Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. Verurteilt worden war er wegen der angeblichen Planung eines Putsches im Jahr 2009. Der Deutschen Welle zufolge gibt es ein Facebook-Video, in dem er Zivilisten dazu aufrief, sich zu bewaffnen. Er propagierte Besitzansprüche der Amhara auf die benachbarte Region Tigray. Der beim Putschversuch ­getötete Offizier Se’are Mekonnen war hingegen einer derjenigen, die die Ethnisierung als Gefahr für die Streitkräfte und die Einheit des Landes sahen.

Die Unruhen und ethnischen Konflikte im Land führen zu zahlreichen Vertreibungen. Dem Global Report on Internal Displacement (GRID) von 2019 zufolge haben sich die Konflikte und die interkommunale Gewalt im vergangenen Jahr deutlich verschärft und auf neue Gebiete ausgeweitet. 2018 haben sie zu rund 2,9 Millionen neuen Vertriebenen geführt, viermal so viele wie 2017.

Hinzu kamen noch einmal etwas mehr durch Naturkatastrophen wie starke Regenfälle oder Dürren Vertriebene. Der GRID erwähnt schnelles Wachstum der Städte, Land- und Ressourcenkonflikte und die Häufigkeit von Dürren und Überflutungen als Gründe für Vertreibungen. So bringt etwa das Wachstum der Metro­pole Addis Abeba soziale Unruhen mit sich: Seit Ende 2015 protestieren Zehntausende gegen die Enteignung von Land im Stadtrandgebiet für die urbane Bebauung. Auch diese Proteste wurden blutig niedergeschlagen, mehr als 700 Menschen wurden getötet.