Die junge Frau als Heldin

Oh Captain, mein Captain

Seite 7 – Wehleidige Schurken
Essay Von

Allerdings sind auch die pragmatischeren unter den weiblichen Widerparts der maskulinistischen Faschisierung erst richtig wahrnehmbar durch das Echo, das sie auslösen. So wie Christian Lindner auf Greta Thunberg, so wie Donald Trump auf alle Frauen, die ihn abweisen, und so wie Salvini auf Captain Rackete reagieren, entlarven sie sich nicht nur (das braucht es wirklich nicht mehr), sondern werden auch Darsteller auf einer mehr oder weniger melodramatischen, mehr oder weniger komödiantischen Bühne. Sie zeigen ihre Verwundbarkeit, sie zeigen ihre Jämmerlichkeit, sie zeigen, wie sehr sie genau das Gegenbild der mehr oder weniger neuen Heldin sind – kein herausgehobener, autonomer Mensch, sondern ein Sprachrohr, das nichts ist ohne die toxische Masse und die viralen Verstärkungen. Sie sind letztendlich nicht einmal mehr als Schurken satisfaktionsfähig, so als wäre das alte Heldenepos noch intakt, in dem sich ja durchaus heroische Menschen als Gegner gegenüberstehen konnten. Der Kampf ist also von vornherein asymetrisch.

Der Heldenstatus steht und fällt mit dem Schurkenstatus, und der ist heutzutage einfach miserabel besetzt: Heimtückische, feige, wehleidige, großmäulige, übergewichtige Männer, die ihre  Großmutter für einen Fitzel Macht umbringen würden, Marktschreier der Niedertracht, die innerhalb eines Augenblicks vom triumphalistischen Drohen ins kindische Jammern fallen. Im Kampf mit solchen Gegnern (die natürlich nicht trotzdem, sondern gerade deswegen Gewalt, Verfolgung und Mobbing betreiben) gibt es keinen Heroismus.

Aus der mehrfachen Ambivalenz des Heldenbegriffs für die Frauen, die mehr Zivilcourage zeigen als wir gewöhnlichen Menschen, ergibt sich daher vielleicht die Notwendigkeit, ein neues Bild zu entwerfen. Denn ihnen geht es ja gerade nicht darum, herausgehoben zu sein, sondern es geht ihnen darum, dass das, was sie tun, unter Druck und Gefahr, in einer besseren Zeit für die Mehrzahl der Menschen das Selbstverständliche wäre. Belassen wir es also vielleicht bei »mutigen Menschen«. Und von solchen können Länder wie dieses nicht genug haben.