Extreme Rechte in Griechenland

Todesstrafe für Flüchtlingshelfer

Die neonazistische Partei Chrysi Avgi ist in Griechenland gescheitert. Doch es gibt keinen Grund zur Freude, denn die nächste faschistische Partei steht schon in den Startlöchern.

Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 7. Juli wird Griechenland von der konservativen Partei Nea Dimokratia regiert. Der Wahlsieg von Kyriakos Mitsotakis, einem Wirtschafts­liberalen und ehemaligen Manager von McKinsey, ist ein Erfolg der Rechten, aber auch eine Rückkehr zur Herrschaft der Familienclans. Mitsotakis ist Spross einer seit Mitte des 19. Jahr­hunderts aktiven Politikerfamilie. Um die linke Regierungspartei Syriza zu schlagen, musste seine Partei linksliberale Wähler, aber auch Rechtsextreme ansprechen. Das ist Mitsotakis gelungen.

Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte), eine offen nationalsozialistisch auftretende Partei, die es während der Wirtschafskrise 2012 mit sieben Prozent der Stimmen ins Parlament geschafft hatte, verlor mehr als die Hälfte ihrer Wähler und scheiterte knapp an der Drei­prozenthürde. Nunmehr ohne parlamentarische Immunität muss sich die Führung der Partei in einem Prozess verantworten. Die Ermordung des Musikers und Werftarbeiters Pavlos Fyssas durch einen Sturmtrupp der Partei am 18. September 2013 hatte die griechische Justiz endlich dazu bewegt, gegen den rechten Terror vorzugehen. Hochrangigen Parteimitgliedern werden zahlreiche Verbrechen vorgeworfen – unter anderem die Ermordung von Immigranten, tätliche Angriffe auf Immigranten und Kommunisten sowie die Bildung einer kriminellen Vereinigung. Bislang versuchte die Parteiführung, durch Prozessverzögerung Zeit zu gewinnen. Nun zerbricht Chrysi Avgi. Ioannis Lagos, der als einer der Haupttäter angeklagt und ins Europaparlament gewählt wurde, sowie andere ehemalige Abgeordnete haben sich von der Partei losgesagt.

Viel Grund zur Freude haben Gegner des Faschismus aber nicht. An die Stelle von Chrysi Avgi trat mit Elliniki Lysi (Griechische Lösung) eine neue ­faschistische Kraft, die erst 2016 gegrün­dete Partei erhielt 3,7 Prozent der Stimmen. Deren Gründer und Vorsitzender, Kyriakos Velopoulos, führt seine Partei allein, selbst Parteifreunde kann seine Wut treffen. Er nutzte eine Besonderheit des griechischen Wahlrechts, um den Parlamentssitz, den Thanassis Nasikas für Elliniki Lysi in Larissa gewonnen hatte, einzunehmen. Als Nasikas sich widersetzte, zeigte Velopoulos ihn wegen Beleidigung an und ließ ihn festnehmen.

Ein faschistischer Geschäftemacher

Dass Velopoulos »authentische Briefe von Jesus Christus« zu besitzen behauptet und Kopien feilbietet, mag obskurantistisch erscheinen oder auch geschäftstüchtig – er ist Verleger, Teleshop-Betreiber, Besitzer eines Fernsehkanals und verkauft Naturheilmittel, die angeblich unter anderem gegen Krebs und Autoimmunerkrankungen Wunder wirken. Es dient aber einem politischen Ziel. Velopoulos, der von Russ­land als »blonder Brudernation« spricht, macht aus der christlichen Orthodoxie eine Rassenideologie und erklärt Jesus von Nazareth kurzerhand zum Griechen. Velopoulos will die Gren­zen des Landes verminen, die Todesstrafe unter anderem für Flüchtlingshelfer einführen und Ausländer juristisch diskriminieren. Wirtschaftliche Probleme möchte er lösen, indem er die Exporte einschränkt und den Bauern mit seinen Tinkturen zu einem Agrarproduktionswunder verhilft.

Velopoulos stammt aus einer ehemaligen Kaderschmiede der Rechtsextremen, der mittlerweile als Partei unbedeutenden Laikós Orthódoxos Synargermós (Laos, Völkisch-Orthodoxe Sammlungsbewegung). Ehemalige Laos-­­Parlamentarier sitzen auch für die Nea Dimokratia im Parlament, Adonis Georgiadis ist neuer Minister für Entwicklung und Investitionen und Makis Voridis übernimmt das Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung und Ernährung.

Georgiadis und Voridis haben sich von ihrer rechtsextremen Vergangenheit losgesagt. Aus den Reihen der Nea Dimokratia, die eine Kindergelderhöhung nur für Griechen propagiert, kommen jedoch immer wieder antisemitische und rassistische Äußerungen. 2013, kurz vor der Ermordung von Pavlos Fyssas, sinnierte der damalige Fernsehkommentator Babis Papadimitriou, dass eine »seriöse Chrysi Avgi« gut für Griechenland wäre. Kaum für Nea Dimokratia zum Abgeordneten gewählt, kommentierte er einen kritischen Artikel der französischen Zeitung Libération mit der – sachlich falschen – Bemerkung, dass »die Zeitung den Rothschilds gehört«.