Musikprojekt Africa Express

Anders als anders

Seite 2 – Harte Anschuldigungen

Wenn man über »Egoli« spricht, muss man sich dieses Grundgedankens noch einmal erinnern. Zum ­einen, weil sich Albarns Projekt im vergangenen Jahr seinerseits Anschuldigungen ausgesetzt sah, die bis zum Vorwurf der »21st century colonisation« reichten. Geäußert wurde er von der Synthiepopmusikerin Nabihah Iqbal und dem Elektropopkünstler Yannick Ilunga alias Petite Noir. Beide waren an den Aufnahmen in Johannesburg beteiligt, beide sind people of color, beide ­leben und arbeiten in Europa. Und beide kritisierten in harschem Ton die Verträge mit Africa Express, bei denen die Künstler die Rechte an ­ihrer Musik für einen symbolischen Dollar abtreten.

Kolonialismus sieht anders aus: Otim Alpha, Zolani Mahola und Gruff Rhys.

Bild:
Denholm Hewlett

Africa Express erklärte hingegen, man verstehe sich als Non-Profit-Projekt – alle westlichen Künstler arbeiteten unentgeltlich, während die in Afrika lebenden Musiker bezahlt würden. Viel vom eingespielten Geld werde allerdings auch in Flüge und die kommenden Projekte in­vestiert. So zeigt der Fall wohl eher, wie schnell man heutzutage mit ­derlei Beschuldigungen bei der Hand ist, als dass sie etwas über die Arbeit von Africa Express aussagen würden. Iqbal und Petite Noir sind nun nicht auf »Egoli« vertreten.

Hört man das Album, kann man die Vorwürfe auch ästhetisch entkräften. Vom ersten Ton an wird klar, wer die Stars dieses Albums sind und wer nicht: Es wird eben nicht dominiert von westlichen Musikern wie Nick Zinner (Yeah Yeah Yeahs) oder Gruff Rhys (Super Furry Animals), sondern es bringt einem im Gegenteil die zeitgenössische süd­afrikanische Musik näher – und rückt deren Künstler in den Mittelpunkt.

In Südafrika ist Moonchild Sanelly für ihre auf Xhosa gesungenen Tracks zwischen Gqom, Kwaito und HipHop bekannt. Für Aufsehen sorgt sie, weil sie Frauen ermuntert, ihre Sexualität frei auszuleben.

Da wäre zum Beispiel die in Johannesburg lebende Moonchild Sanelly, die ihre Musik als »Future Ghetto Punk« beschreibt und an fünf Tracks beteiligt ist. In Südafrika ist Moonchild Sanelly für ihre zum Teil auf Xhosa, einer der elf Sprachen Südafrikas, gesungenen Tracks zwischen Gqom, Kwaito und HipHop bekannt. Für Aufsehen sorgt die Künstlerin, die ein eigenes Modelabel ­betreibt, weil sie Frauen in Südafrika ermuntert, ihre Sexualität frei auszuleben. Auf »Egoli« ist sie unter anderem mit dem lässig vor sich hin groovenden R&B-Stück »Where Will This Lead Us To?« oder dem aufgedrehten »Sizi Freaks« vertreten. Leute, die mit dem Gqom-Genre noch nicht vertraut sind, können sich hier einen Höreindruck verschaffen: ­Geprägt wird »Sizi Freaks« von einem Synthie-Offbeat und hellen Percussion-Klängen, dazu kommen sphärische Soundflächen und Moonchild Sanellys charakteristischer, rotzig anmutender Gesang.