Was kümmert mich der Dax

Kein Buchstabe übrig

Alles über die junge Generation von A bis Z.
Kolumne Von

Soziologen und Journalisten mögen den Fotografen Robert Capa verfluchen, weil er in den frühen fünfziger Jahren den Begriff »Generation X« prägte. Er wird zwar nicht für die in der unmittelbaren Nachkriegszeit, sondern für die zwischen den frühen sechziger und den frühen achtziger Jahren geborenen »Boomers« verwendet, aber das X kommt nun mal recht weit hinten im Alphabet. Man hätte etwas mehr Phan­tasie entwickeln können, aber nein, es folgte »Generation Y«, die Millennials, und danach selbstverständlich Generation Z. Dass kein Buchstabe mehr übrig ist, passt gut zur Endzeitstimmung – allerdings könnte man ja wieder mit A, Generation Apokalypse, anfangen.

Der analytische Wert der Generationeneinteilung, die in dieser Form ­ohnehin nur für Europa und Nordamerika relevant sein dürfte, ist begrenzt, andererseits gibt es tatsächlich klassen- und geschlechterübergreifende Faktoren, die eine Generation prägen. Insbesondere ältere radikale Linke stellen sich nun die Frage, ob die heranwachsende Generation endlich wieder eine ernstzunehmende Jugendbewegung zustande bringt. Erste Einschätzungen waren nicht sehr ermutigend. Die ­Generation Z sei »konservativer, geld­orientierter und unternehmerischer als die Millennials«, urteilte etwa 2015 Goldman Sachs. Aber da dürfte Wunsch­denken der Banker im Spiel gewesen sein, die vermehrte »unternehmerische« Tätigkeiten wie Ebay-Verkäufe mangels Jobs mit entsprechenden Idealen verwechseln.

Nun gibt es ermutigende Anzeichen dafür, dass der Leistungsdruck und die Zumutungen des Arbeitslebens in Frage gestellt werden. Generation Z geht sogar auf die Straße – in einer historisch einmaligen Situation. Das ­kapitalistische Glücksversprechen war schon für die Millennials nicht mehr das, was es einmal war: Prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Selbstoptimierungszwang sollten sie als individuelle Freiheit feiern. Für die Generation Z gibt es ein Katastrophenversprechen, das, anders als das kapitalistische Glücksversprechen, eine solide wissenschaftliche Grundlage hat. Manches mag an die Achtziger erinnern, aber der Atomkrieg war eine Gefahr, keine Gewissheit, und als bloße Gefahr erzeugte sie wenigstens eine morbid-romantische Stimmung, wie sie die Punkband PVC besangen: »Hold the hand of last night’s lover / Smoke your last cigarette / Your not gonna have another« – dann der große Knall und: »A shadow on the wall / Is all that’s left of you.«

Da kommt der Klimawandel nicht mit. Das ist ein Problem, denn jede ­Bewegung bedarf einer öffentlichen Protestkultur und mehr noch einer Haltung zum und im Leben. Es muss ja nicht »Live fast, cause it won’t last« (Blondie) sein, aber das Thema Klimaschutz drängt die Bewegung, solange es nicht um die gesellschaftliche Kontrolle der Produktionsmittel, sondern um individuelles Konsumverhalten geht, in eine unerfreulich puritanische Richtung. Andererseits geht es unvermeidlich auch um Konsumgewohnheiten. Es wäre also höchste Zeit für eine hedonistische Konsumkritik.