Imprint - Abdruck aus »Frauen der Novemberrevolution«

Frauen der Novemberrevolution

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Versuche der Organisation in den Räten
In den Räten waren nach aktuellem Kenntnisstand über einzelne, bereits lange politisch tätige Frauen hinaus nicht viele Frauen vertreten. Auf dem ersten Reichsrätekongress in Berlin vom 16. bis zum 20. Dezember 1918 waren unter 496 Delegierten zwei Frauen. Käthe Leu von der USPD aus Danzig kam als einzige Frau zu Wort und adressierte ihre Rede an »Parteigenossin und Parteigenossen!«. Ihre Adressatin war Klara Noack von der MSPD aus Dresden. Auf dem zweiten Reichsrätekongress waren keine Frauen mehr vertreten. Das größte Problem der Rätebewegung lag darin, dass in vielen Fällen nur die in der Produktion Tätigen in den Betrieben in die Arbeiterräte gewählt werden konnten. Gleichzeitig beteiligten sich auch Räte daran, Frauen von den ­Arbeitsplätzen zu verdrängen. In manchen Räten wurden »geistige Arbeit« und Stellungslose berücksichtigt, aber Hausfrauen und Hausangestellte tauchten in den Räten kaum auf. Eine Ausnahme auf einer organisatorischen Ebene war der Hausfrauenrat in Jena, der Ende November 1918 von Gertrud Morgner, der 2. Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldaten­rates gegründet wurde. Nachdem dieser auch von Gewerkschaftsführern anerkannt wurde, erhielt er Sitz und Stimme im örtlichen Gewerkschaftskartell. Tätigkeiten des Hausfrauenrats sind bis 1920 dokumentiert. Es gab einen Lebensmittelausschuss, eine Preisprüfungskommission und die Organisation von Hausfrauenversammlungen, an denen zum Teil etwa 1 000 Frauen teilnahmen. Bekannt sind die Namen von Amalie und Marie Harzer, Frau Glauß und Frau Weinrich.

Nichtsdestoweniger fehlte eine allgemeine Organisation, die den von den Industriearbeitsplätzen verdrängten Frauen erlaubte, an der Räte­politik teilzunehmen. Anfang 1919 schrieb Clara Zetkin den Artikel »Frauen für die Räte, Frauen in die Räte!«. Hatte sie grundsätzlich die Haltung an den Tag gelegt, Frauen würden sich erst durch eine sozialis­tische Revolution emanzipieren können, in der sie die Rolle der kämpfenden Fabrikarbeiterinnen einnehmen, schien sie ihre Perspektive nach der Revolution zu verbreitern. Die Arbeit der Hausfrauen bewertete sie als gesellschaftlich notwendig:

»Wie aber steht es mit den vielen Millionen des werktätigen Volks, die nur Hausfrauen, Mütter sind? Freilich: im Sinne der bürgerlichen, der kapitalistischen Ökonomen sind sie nicht produktiv tätig, denn sie erzeugen mit allen ihren Sorgen und Mühen keinen Mehrwert, den Kapitalisten einstreichen ­können. Aber sie verrichten unstreitig gesellschaftlich nötige und nützlichere Arbeit als die Proleta­rier eines Betriebes, in dem zur Befriedigung der Modelaune reicher Müßiggänger irgendwelche greulichen Uhrkettenanhängsel fabriziert werden.«

Um Hausfrauen und Mütter systematisch in das Rätesystem zu integrieren, machte sie zwei Vorschläge. Ein Vorschlag lautete: »Man könnte die nichterwerbstätigen Frauen als eine besondere Wählergruppe orts- und bezirksweise zusammenfassen und ihnen eine Zahl von Vertreterinnen in den Räten zuerkennen, die ihrem numerischen Verhältnis zu den berufstätigen Frauen und Männern entspricht. Diese Wählergruppe hätte ihre Vertretung in einem eigenen, selbstständigen Wahlgang zu küren.«

Sie empfahl jedoch, die wahlberechtigten Hausfrauen und Mütter (bürgerliche Frauen waren aus­geschlossen) den Betrieben und Berufsgruppen der Ehemänner zu­zuordnen, wo die Kandidatenaufstellung und Wahl gemeinsam erfolgen sollte.

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