Kritische Astrologie - Die Junge Union und ihre Macht über unser Leben

Die Kuban-Krise

Kolumne Von

Der konservative Rollback in der CDU will nicht recht in Fahrt kommen. Sichtlich geht er den Beteiligten nicht schnell genug voran: Ihre taktisch platzierten Statements zu drittem Geschlecht und Latte-Macchiato-Männern haben Annegret Kramp-Karrenbauer keine an die AfD verlorenen Stimmen zurückgebracht, sondern sie satte 12 Prozentpunkte bei der Forsa-Umfrage ge­kostet. Nun will der frisch aus dem Trog gehobene Junge-Union-Chefmops Tilman Kuban es ihr gleichtun – und mit der Ära Merkel auch rhetorisch brechen. In Sachen Flüchtlinge, Atomkraft und Wehrpflicht habe die Kanzlerin, so Kuban im Interview mit der Welt, die »Gleichschaltung« der Partei betrieben, unter der eine »schweigenden Mehrheit« in der CDU arg gelitten habe. Der gleichsam aus der inneren Emigration heimgekehrte Nachwuchspolitiker nutzt jetzt, nachdem Merkels Dritter Weltkrieg endlich vorbei ist, die neuen Freiheiten, um gleich in einer Sprache loszutrompeten, die in ihrer Obszönität und Geschichtsvergessenheit nicht zufällig an die von Compact und Russia Today erinnern. Gebracht hat es ihm nichts, zurück­rudern musste er auch schon – so schnell wird die CDU offenkundig das Erbe der Merkel-Diktatur nicht los!

Ein Blick in die astrologische Kristallkugel verrät: Wir werden noch viel von Kuban hören. Denn die Junge Union steht unter Druck wie nie, zahllose andere Jugendgruppen wie Junge Alternative und Identitäre ­Bewegung fischen neuerdings im selben trüben Tümpel. Da genügt es nicht, wie letztes Jahr in Berlin geschehen, als Junge Union zum 80. Jahrestag der Pogromnacht homophobe Parolen und Wehrmachtslieder zu grölen. Da müssen härtere Bandagen angelegt werden – und sei es die Nutzung von Verschwörungstheorien, die sich letztlich gegen die eigene Regierungsteilnahme richten. Wenn alles so weitergeht, werden sich Mitglieder von JU und CDU bald gegenseitig vorwerfen, von Soros gekauft und an der Umvolkung beteiligt zu sein.