Porträt - Die ehemalige kanadische Justiz­ministerin Jody Wilson-Raybould

Schwer beeinflussbar

Oh wie schön ist Kanada – zumindest im Vergleich zum Elend im Rest der Welt. In Kanada regiert mit Premierminister Justin Trudeau ein Feminist, Kiffen ist erlaubt, Flüchtlinge werden bislang noch aufgenommen und eine indigene Nachfahrin der First Nations kann sogar Justizministerin werden. Dass es aber selbst in den »besseren USA« etwas müffeln kann, ist in den vergangenen Wochen deutlich geworden. Anfang Februar berichtete die Zeitung The Globe and Mail, dass Mitarbeiter aus dem Büro des Premierministers eben diese Justizministerin Jody Wilson-Raybould unter Druck gesetzt hätten, um ein Verfahren gegen das kanadische Bauunternehmen SNC ­Lavalin zu dessen Gunsten zu beeinflussen. Trudeau stritt dies ab. Wilson-Raybould war seit Ende 2015 Justizministerin, bis sie nach einer Kabinettsumbildung Mitte Januar zur Ministerin für Veteranenangelegenheiten wurde. Von diesem Amt trat sie jedoch am 12. Februar zurück. Am 27. Februar sagte sie vor dem Rechtsausschuss des parlamentarischen Unterhauses aus, mehrere Vertreter der Regierung hätten sie als Justizministerin dazu bringen wollen, SNC Lavalin ein deferred prosecution agreement (DPA), eine Vereinbarung über die Aussetzung der Strafverfolgung, zu ermöglichen. Dem Unternehmen, das in viele öffentliche Bau­projekte involviert ist, wird vorgeworfen, zwischen 2001 und 2011 Familienmitglieder des damaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi mit insgesamt über 30 Millionen Euro bestochen zu haben. Bei einer Verurteilung, also ohne DPA, dürfte SNC Lavalin zehn Jahre lang keine staatlichen Aufträge mehr annehmen.

Am Montag vergangener Woche trat nun auch die Ministerin Jane Philpott mit der Begründung zurück, dass sie die Entscheidungen der Regierung nicht mehr verteidigen könne. Zwei Tage später wies Trudeaus ehemaliger politischer Berater Gerald Butts in einer Anhörung die Vorwürfe Wilson-Rayboulds zurück: Es sei von Seiten des Büros des Premierministers nie in unangemessener Weise Druck auf die damalige Justizministerin ausgeübt worden, um Ermittlungen gegen SNC Lavalin zu beeinflussen, und die Versetzung Wilson-Rayboulds sei einzig dem Rücktritt eines anderen Ministers geschuldet gewesen. Doch viele Kanadierinnen und Kanadier dürften dies mittlerweile anders sehen.