Legalistische Islamisten sind in manchen antirassistischen Bündnissen willkommen

Zweifelhafte Bündnisse

Islamisten verschaffen sich auch mit antirassistischer Arbeit Anerken­nung vom gesellschaftlichen Mainstream. Das wird an einer geplanten Konferenz der Linkspartei und einem Aktionstag deutlich.

Zum »Internationalen Tag gegen Rassismus« am 16. März sind europaweit Versammlungen und Demonstrationen geplant. Die Initiatoren wollen »angesichts der beunruhigenden Wahlerfolge rassistischer und faschistischer Parteien« einen Zusammenschluss aller Menschen, die sich gegen Diskri­minierung engagieren, auf die Straße bringen. Auch in Deutschland rufen verschiedene Bündnisse und Initiativen zu einem bundesweiten dezentralen Aktionstag am 16. März auf. So sind in Chemnitz, Kiel, Frankfurt, Essen und vielen anderen Städten Veranstaltungen und Aktionen geplant.

In Berlin will das Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« demonstrieren. Als Unterstützer werden neben zahlreichen antirassistischen Organisationen und mehreren Parteigliederungen von SPD, Linkspartei und Grünen auch das Deutsche Muslimische Zentrum Berlin (DMZ) und Fereshta Ludin aufgeführt. Die Lehrerin wurde bundesweit bekannt, nachdem ihr 1998 eine Einstellung im Schuldienst des Landes Baden-Württemberg durch Behörden und Gerichte verweigert worden war, weil sie im Unterricht aus religiösen Gründen nicht auf das Tragen eines Kopftuchs verzichten wollte. Sie klagte dagegen, unterstützt vom Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Letztlich schei­terte die Klage 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht. Derzeit unterrichtet Ludin in Berlin-Kreuzberg an einer staatlich anerkannten islamischen Grundschule, dem Islam-Kolleg, das zur Islamischen Föderation Berlin gehört. Die Föderation bietet in der Bundeshauptstadt unter eigener Regie Religionsunterricht an 31 Grundschulen an. Ein Teil der Mitglieder wird vom Verfassungsschutz als »extremistisch« eingestuft.

Das Deutsche Muslimische Zentrum (DMZ) wird in der Öffentlichkeit von der Konvertitin Iman Andrea Reimann vertreten. Die Multifunktionärin ist auch Mitglied im ZMD und in der Islamischen Förderation Berlin (IFB). Letztere verwaltet als eingetragener Verein elf von 70 Moscheen in Berlin und gilt als Berliner Landesverband der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Vor zwei Jahren trat Reimann auf dem Kongress »Marx is’ muss« der trotzkistischen Initiative Marx21 auf.

»Seit Jahren schon suchen Teile der Linken in Deutschland offen den Schulterschluss mit Akteuren aus dem legalistisch-islamistischen Milieu«, sagte der islamismuskritische Blogger »Schmalle«, der das Blog »Schmalle und die Welt« betreibt, der Jungle World. Federführend dabei seien Personen aus dem Kreis von Marx21, die dem Sozialarbeiter zufolge »in den Muslimen eine Art neues Proletariat« sehen und »den Gläubigen pauschal die Charaktereigenschaften ›Opfer und benachteiligt‹« zuschreiben. Nicht nur, dass derartige Pauschalurteile selbst ­einen rassistischen Kern in sich trügen, Muslime würden dadurch »entmündigt und letztlich wie Kuscheltiere behandelt«, so »Schmalle«.

Dass die antirassistische Arbeit in den vergangenen Jahren immer mehr von taktisch orientierten Islamisten zur Anerkennung beim Mainstream der Gesellschaft genutzt wird, beobachtet auch die Islamismusexpertin Sigrid Herrmann-Marschall: »Das geht von der kommunalen Ebene bis hin zur EU.« Unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Vereine engagierten sich bei antirassistischen Aktionen, »um das eigene Image zu verbessern oder Testimonials zu gewinnen«, so Herrmann-Marschall.

Auf Bundesebene wirkten Personen aus dem »Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft« schon seit langem bei verschiedenen Veranstaltungen wie zum Beispiel den »Interkulturellen Wochen gegen Rassismus« mit.

Auf EU-Ebene würden Gremien geschaffen und Forschungsprojekte initiiert, die sich dem Antirassismus widmen sollten, aber hauptsächlich »Islamfeindlichkeit« thematisierten. Für die Umsetzung dieser Strategie sei die Zusammenarbeit mit linken Parteien sowie entsprechend interessierten Teilen der Zivilgesellschaft unerlässlich.

Zwei Wochen vor der großen Bündnisdemonstration findet die Konferenz »Solidarität ist unteilbar« der Bundestagsfraktion der Linkspartei in Berlin statt. Angekündigt sind Vertreterinnen des Missy Magazine, des Vereins Inssan, der Bildungsstätte Anne Frank, der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, des Center for Intersectional Jus­tice, des Berliner Landesverbands des Zentralrats der Muslime und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Zudem bieten die Veranstalter dem antizionistischen Aktivisten Armin Langer ein Podium. Er wird als Referent zum Thema »Antimuslimischer Rassismus und Antisemitismus« angekündigt.

Dass Langer vor vier Jahren bei »der legalistisch-islamistischen Bewegung Millî Görüş referierte, die bis heute den Antisemiten Necmettin Erbakan glorifiziert«, kritisiert Blogger »Schmalle«. Er hält Langer und »seine Gesinnungsgenossen für keine seriösen Ansprechpartner«.

Auch die Menschenrechtsorganisa­tion Terre des Femmes kritisierte den Zuschnitt der Konferenz. In einem ­offenen Brief heißt es, man begrüße in Zeiten eines gesellschaftlichen »Rechtsrucks« die »Initiative zu einer Antirassismuskonferenz«. Es sei allerdings fragwürdig, »eine Antirassismuskonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern fundamentalistischer Gruppierungen zu veranstalten und diesen Personen, unter dem Deckmantel der ­Solidarität, eine Plattform zu bieten«.