Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte will neue Todesschwadronen

Duterte sucht neue Killer

Seite 2

Kaum öffentlich diskutiert, aber im Hintergrund von der Regierung vorbereitet, wird eine Föderalismusreform. Deren Ziel ist eine Dezentralisierung von Macht und Einfluss. Viele Kritikerinnen und Kritiker beklagen allerdings, dass die Pläne nicht konkret genug ausgearbeitet sind. Mirjam Overhoff, die Geschäftsführerin des Philippinenbüros, das seit 1987 über die soziopolitische Situation des Landes informiert, sagte der Jungle World: »Eine Umsetzung der bisherigen Pläne birgt das Risiko, dass sich bestehende Dynastien im Land verfestigen. Es wird in einem Schnellverfahren versucht, das politische System umzubauen. Es fehlt an Raum für eine angemessene Beteiligung der verschiedenen sozialen und gesellschaftlichen Gruppen. Wir sehen die Gefahr, dass die Reform im Interesse der bereits mächtigen Elite ist.« Der Politikwissenschaftler Gene Lacza Pilapil von der renommierten Universität der Philippinen (UP) ­befürchtet, dass lokale Warlords zu regionalen aufsteigen würden und deren ­exekutive um legislative Macht erweitert werde. Alteingesessene, mächtige ­Familien wie die des ehemaligen Diktators Ferdinand Marcos oder die Arroyos kontrollieren große Teile des Landes politisch und ökonomisch.

Dutertes Politik genießt dem unabhängigen Umfrageinstitut Pulse Asia ­zufolge weiterhin sehr hohe Zustimmung. Zwar fiel diese von 88 Prozent im Juni dieses Jahres auf 75 Prozent im September, aber wohl weniger wegen seiner menschenrechts- und demokratiefeindlichen Politik, sondern weil er Gott in dem erzkatholischen Land als »dumm« bezeichnet hatte. Seinen Rückhalt, wie auch schon seinen Wahlsieg, verdankt er nicht zuletzt der ­großen Unterstützung in den sozialen Medien, allen voran Facebook. Ein Drittel der Bevölkerung, rund 33 Millionen Menschen, ist dort regis­triert. Maria Ressa, die Mitbegründerin und Chefredakteurin des unabhängigen Mediennetzwerks Rappler, recherchierte über die Nutzung von Facebook durch Duterte und seine Anhängerschaft. In ihrem Artikel »Propagandakrieg: Das Internet zur Waffe machen« identifizierte sie allein 26 Fake-Accounts, die Einfluss auf drei Millionen Philippinerinnen und Philippiner ausüben. Als ­Reaktion auf ihre Artikel habe sie zeitweise stündlich 90 E-Mails mit Ver­gewaltigungs- und Morddrohungen erhalten, sagte Ressa dem Magazin Bloomberg.

Duterte kann es sich wegen der großen Unterstützung in den sozialen Netzwerken erlauben, gezielt gegen einige Medien zu agieren. Obwohl die ­Medien als frei gelten, wurden seit dem Ende der Diktatur Ferdinand Marcos’ im Jahr 1986 mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten ermordet. Seit Dutertes Amtsantritt am 30. Juni 2016 seien bis zum 31. Oktober dieses Jahres zwölf Journalistinnen und Journalisten ermordet worden, so das Center for Media Freedom and Responsibility (CFMR). Dazu registrierte das CFMR unter anderem neun Mordversuche, 16 Fälle von Verleumdungsklagen und 28 Fälle von Bedrohung online oder per SMS. Im November 2017 erwarb der Milliardär, Brauereibesitzer und Freund Dutertes, Ramon Ang, die Mehrheit der Anteile an dem Medienhaus Philippine Daily Inquirer, das der Präsident wegen seiner kritischen Berichterstattung mehrfach kritisiert hatte. Dem Fernsehnetzwerk ABS/CBN drohte Duterte, die Sendelizenz nicht zu ver­längern. Dem Medienportal Rappler wurde Anfang 2018 die Lizenz von der Securities and Exchange Commission (SEC) entzogen, trotz einer Verlängerung im August 2017. Rappler wird vorgeworfen, die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen über den Anteil ausländischen Eigenkapitals verletzt zu haben. Duterte nannte das Portal ein »fake news outlet«. Ein Berufungsgericht gab Rapplers Widerspruch statt und wies die SEC an, eine erneute Prüfung vorzunehmen. Am 9. November folgte der nächste Angriff. Das Justizministerium warf Rappler und der Chefredakteurin Ressa Steuerhinterziehung vor.

Nicht nur kritische Medien werden mundtot gemacht, auch die Inhaftierung der Senatorin de Lima scheint politisch motiviert. Sie hatte als Vorsitzende der Menschenrechtskommission vor mehr als einem Jahrzehnt gegen Duterte ermittelt. Als damaliger Bürgermeister von Davao stand er im Verdacht, einer der Hintermänner der »Davao Death Squads« (DDS) zu sein. ­Diese Todesschwadronen sollen von 1998 bis mindestens 2008 für das Verschwinden beziehungsweise die Ermordung von über 1 000 Menschen verantwortlich sein. Duterte rühmte sich vielfach der Beteiligung, in Interviews hat er die Erschießung von ­insgesamt drei Menschen zugegeben.