Der Aufschwung rechter Parteien in Europa geht mit einem Abbau von Frauenrechten einher

Kinder, Kirche, Keile

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In Bulgarien haben die rechten Parteien mit Unterstützung der orthodoxen Kirche die Ratifizierung eines Gesetzes zu häuslicher Gewalt verhindert; sie sprachen bei dem Gesetzesvorhaben von einem »europäischen Komplott«. Eine Ratifizierung hätte nach Ansicht der Kirche zu einem Zerfall der Moral geführt. Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte gibt an, dass ein Viertel der bulgarischen Frauen 2014 aussagten, Opfer von häuslicher Gewalt gewesen zu sein. Die Dunkelziffer liege weit höher, vermutet die Agentur.

In Rumänien werden Versuche, die Maßstäbe der Istanbul-Konvention durchzusetzen, von rechten Parteien und den Kirchen unterbunden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügte das Land im vergangenen Jahr wegen mangelnden Engagements bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt. In Polen möchte die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nicht an der natur- und gottgegebenen männlichen Herrschaft über den weiblichen Leib rütteln. Staatspräsident Andrzej Duda hatte im vergangenen Jahr die Regierung dazu aufgerufen, die europäische Konvention, die auch den Ausbau von Hilfsangeboten für Betroffene vorsieht, nicht anzuwenden.
Bis Juli 2013 stellte häusliche Gewalt in Ungarn nicht einmal einen Straftatbestand dar. Trotz der Gesetzesänderung sei das Ausmaß dieser Gewalt gegen Frauen in dem Land weiterhin immens, wie etwa Human Rights Watch feststellte. Nachdem kürzlich ein Flüchtling in Budapest eine Sexualstraftat verübte, wich die Gleichgültigkeit bei dem Thema aber großer Betriebsamkeit: Die Polizei stellte eigens ein Spezialeinsatzkommando auf, alle Medien berichteten über den Fall. Ein Fidesz-Abgeordneter regte sogar an, den Täter zu kastrieren.

Auch in Italien steht es schlecht um Frauenrechte. In Rom droht einer feministischen Institution, der »Casa Internatzionale delle Donne«, die Zwangsräumung. Die Stadtregierung der Fünf-Sterne-Bewegung, will das unabhängige Frauenzentrum nicht mehr dulden, als Vorwand dienen Mietschulden der Einrichtung.

Es ist nicht verwunderlich, dass der backlash gegen Frauenrechte von rechter Seite ausgeht. Er wird mit einer Biologisierung von Geschlecht oder mit christlicher Tradition begründet. Frauen seien von Natur aus dafür gemacht, Kinder zu gebären und aufzuziehen. Aus diesem Grund versuchen Rechte und fundamentalistische Christen auch das Recht auf sichere Schwangerschaftsabbrüche (Jungle World 2018/38) anzugreifen. Die Selbstverwirklichung der Frau verorten »Lebensschützer« in der Pflege und Aufzucht des Lebens, was so viel heißt wie Opferbereitschaft – Hingabe des eigenen Körpers, in dem sich nun mal das heilige Leben fortsetze – für die Gattung oder das Volk. Rechte in ganz Europa attackieren all das, was nicht ihrer Familienideologie entspricht. Sie warnen vor einem die traditionelle Ordnung, Familie und Mutterrolle destabilisierenden Feminismus.

Denn die klassische männliche Vorherrschaft soll aufrechterhalten werden – sei es in den Parlamenten, oder zu Hause, wo man Frau und Kinder notfalls mit Gewalt daran erinnern muss, wer der Herr im Haus ist.