უცხოეთი - Die Bundesregierung will Georgien zum sicheren Herkunftsland erklären

Ein unsicheres Drittland

Seite 2 – Abschiebung aus Sachsen


Hoch oben am Stadtrand von Tiflis steht ein schönes Haus. Am Eingang eine ­Bäckerei, dahinter befindet sich ein großer Hof und Rebstöcke, von denen Trauben hängen. Die 34jährige Nino Gwindadse und der 47jährige Soso Scheklaschwili schenken Wein ein, denn sie selbst gemacht haben.

In dem Haus leben insgesamt zwölf Personen in vier Zimmern. Darunter die fünf Kinder des Paares, von denen die beiden jüngsten, Alexander und Anamaria, vor drei Jahren in Deutschland geboren wurden. Im September 2017 wurde die Familie trotzdem aus dem sächsischen Borna abgeschoben, allerdings zunächst ohne die Mutter.

»Ich hatte Panik und bin deswegen aus dem zweiten Stock gesprungen und dann abgehauen«, erzählt Gwindadse. Damit wollte sie die Abschiebung verhindern, doch die Polizei schob den ­Vater und die Kinder ohne die Mutter ab. Laut der zuständigen Landesdirek­tion sei das zulässig, weil die Familie »die Trennung durch ihr Verhalten selbst verursacht« habe. »Sie haben mich nicht nur von meiner Frau ­getrennt, sondern uns auch noch im Schlafanzug abgeschoben«, sagt Soso Scheklaschwili.

Der elfjährige Sohn Nikolos leidet unter Epilepsie, eine komplizierte Entwicklungsstörung, er sitzt im Rollstuhl. Gegen seine täglichen Anfälle benötigt er Medikamente, welche die ­Familie in Georgien nicht bekommt. Trotzdem hat das BAMF die ärztliche Versorgung in Georgien als gegeben eingeschätzt.

Nikolos verbringt den ganzen Tag im Haus und im Hof. Eine Schule kann er nicht besuchen, weil seine Eltern als Selbständige kein Anrecht auf einen Platz haben. Sie gehören zu den 57 Prozent der georgischen Beschäftigten, die offiziell selbständig gemeldet sind. Für die meisten von ihnen bedeutet das einen knallharten Kampf ums Überleben. Und keinerlei Inklusion oder Unterstützung für Kinder mit Behinderung.