Zu Besuch an Porno-Sets in Israel

Stöhnen auf Hebräisch

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Allgemein hat das herkömmliche Modell des Pornos als Drehbuchfilm in den vergangenen Jahren ausgedient, Live-Webcam-Übertragungen sind immer beliebter geworden. »Es gilt als authentischer«, erklärt Mor Vital. »Man unterhält sich, lernt die Person kennen, und wenn es keine Chemie gibt, beendet der Kunde das Gespräch«, fügt sie hinzu. »Es ist eine Entscheidung beider Parteien.«

Zu Beginn des Jahres kritisierte die Professorin Esther Herzog, Sozial­anthropologin und Vorsitzende einer Initiative für die Gleichstellung von Mann und Frau, die Idealisierung der Pornobranche in einem Interview mit der israelischen Zeitung Haaretz. »Diese Industrie soll uns nicht ­irgendwelche Märchen erzählen. Sowohl Frauen als auch Männer werden ausgebeutet. Pornographie, Prostitution und Frauenhandel sind ­ähnliche Phänomene.« Des Weiteren schimpfte sie, dass »wir letztlich über den Kauf von Sex reden«.

Nach Angaben der Betreiber von xnxx.com verdienen israelische Pornoseiten, egal ob mit Live-Sex-­Webcams oder Filmen, in erster ­Linie durch Werbung. Die kostenlosen Websites werden oft angeklickt, vor allem die Webcam-Anbieter, welche die Sexchats ersetzt haben. Die Tatsache, dass heutzutage keine Produktionsfirma mehr benötigt wird und jeder, der eine Kamera besitzt, sich selbst zum Pornodarsteller ­­machen kann, hat auch in Israel mehrere »unabhängige Schau­spieler« hervorgebracht, die ihre ­eigenen Websites betreiben oder eine bestehende Plattform nutzen, um sich zu präsentieren.

Eine dieser Personen ist Olga*. Auf ihrer eigener Website kann man ­Filme und Fotos von ihr anschauen, ihr Twitter-Account zählt 20 000 Abonnenten. Die 59jährige gebürtige Russin ist bereits seit fast 20 Jahren im Pornogeschäft aktiv und immer noch sehr gefragt. »Als ich aus der ehemaligen Sowjetunion kam, musste ich als Krankenschwester meine zwei Kinder versorgen. Das Gehalt reichte hinten und vorne nicht«, ­erzählt sie. »Als ich das Angebot von Bar-Erez bekam, in einem seiner ­Filme mitzuspielen, habe ich sofort zugesagt. Ich bekomme auch heute noch viele Angebote, vor allem aus dem Ausland. Die wollen oft eine reife Frau, die junge Männer verführt.«

»Natürlich ist nicht jeder für Porno geeignet. Viele unterschätzen die Branche. Das Pornogeschäft ist knallhart«, sagt Regisseur Bar-Erez. »Doch einige sind sehr ehrgeizig und wissen, dass sich Sex immer ­verkauft.« Und die Produktionsbedingungen scheinen sich verbessert zu haben, wenn man Bar-Erez Glauben schenkt. »Viele meiner Schauspieler wurden früher wie Prostituierte ­behandelt und kamen kaum mit ihrem Gehalt aus. Jetzt, als Darsteller in der Erotikindustrie, können sie sich erlauben, gut zu leben.«

* Name vom Autor geändert.