Imprint - Abdruck aus: »Kapitalistischer (Sur)realismus. Neo­liberalismus als Ästhetik«

Ein Thermomix aus Surrealismus und Kapitalismus

Wie die Ästhetik der Werbung im Neoliberalismus eine semantische und narrative Freiheit entwirft, die weder in der populären Kultur noch im wirklichen Leben zu haben ist.

Die neue Marke erzeugte einen neuen Verkäufer und einen neuen Käufer. Der Verkäufer wurde zum Popstar, Prediger und Guru, der kein Produkt, sondern einen Lebensstil, eine Philosophie oder einfach die Erlösung anpries. Im Kern aller seiner Predigten steht: Der Preis ist kein Argument. Der Preis ist nur das kleine Opfer, das es für die Erlösung zu entrichten gilt. Das Produkt ist nur eine Maske; es geht in Wirklichkeit um ein Geheimnis der Inklusion. Der kapitalistische Surrealist ist ein Mensch, der sich durch Marken so ausdrückt, dass keine vollständig kohärente Person entsteht. Den durch die Unterwerfung unter die Marke verlorenen Freiraum erobert er sich zurück, indem er einander widersprechende Marken verwendet. Besonders populär ist die Kopplung des Billigen und des Teuren. Als nicht viel weniger effektvoll erwies sich die Montage von alt und neu oder traditionell und hip (wie im Popfolklore-Outfit aus Tracht- und Sportswear-Kombinationen oder dem sogenannten Wies’n-Outfit, wie man es zum Münchner Ok­toberfest oder anderen Volksfesten trägt).

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