Die EU hat eine Rekordstrafe gegen Google verhängt

Amerikanische Zölle, europäische Steuern

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Künftig will die EU-Kommission das Prinzip der virtuellen Betriebsstätte einführen. Demnach werden Gewinne dort besteuert, wo die Nutzer der Dienste sitzen. Mit der Reform würde die ­Abgabenlast vor allem für US-Konzerne wie Facebook, Google oder Apple erheblich steigen.

Vestagers Pläne stoßen aber auch ­innerhalb der EU nicht nur auf Begeisterung. »Die deutsche Automobil­industrie verkauft nur gut 20 Prozent ihrer heimischen Produktion hier­zulande, der Rest wird exportiert. Trotzdem werden alle Gewinne in Deutschland versteuert«, schrieb kürzlich der Spiegel. Ähnlich sehen es viele Öko­nomen. Länder wie Indien und China sind alles andere als erfreut darüber, dass sie die Gewinne von Daimler, BMW und Volkswagen nicht besteuern ­können, die auf ihrem enormen Markt erzielt werden.

Allerdings lassen sich digitale Einnahmen aus Nutzerdaten und Steuern auf traditionelle Industriegüter nur schlecht vergleichen. Schwellenstaaten können ohnehin schon Strafzölle auf Güter aus Industriestaaten verhängen. Vor allem aber steht die EU vor dem Problem, wie sie auf den von der US-Regierung initiierten Handelskrieg ­reagieren soll. Die Vereinigten Staaten erwirtschaften gerade mal zwölf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts über die Exportwirtschaft. In Deutschland ist es hingegen rund die Hälfte. Insgesamt exportiert die EU erheblich mehr Güter in die USA als umgekehrt. Ein Handelskrieg mit immer neuen Zöllen auf Exportprodukte würde der EU ­daher mehr schaden als den USA.

Deutlich anders sieht das Verhältnis aus, wenn digitale Güter berücksichtigt werden. Die Bilanz wäre dann mehr als ausgeglichen. Will die EU im Handelsstreit mit den USA nicht auf verlorenem Posten stehen, muss sie sich überlegen, wie sie digitale Produkte einbeziehen kann.

»Wenn die EU jetzt eine Steuer auf Umsätze großer Unternehmen der ­Digitalwirtschaft erfindet, die de facto nur die großen US-Unternehmen wie Google und Facebook trifft, unterscheidet diese Politik sich kaum von der Einführung von Strafzöllen, die wir Donald Trump vorwerfen«, meinte dazu kürzlich Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts. Hohe Strafen wegen Wettbewerbsverzerrung können eine ähnliche Funktion wie Zölle erfüllen, auch wenn sie anders begründet werden.

Eine weitere Eskalation im Handelsstreit ist vermutlich kaum zu vermeiden. Der EU wird nicht viel anderes übrig bleiben, US-Präsident Trump ­jedenfalls wird sich nicht mit Beschimpfungen begnügen.