Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan wird nicht nur wegen der geheimen Verhandlungen kritisiert

Geheim verhandeln, frei handeln

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Dass es auch strittige Punkte zwischen der EU und Japan gibt, zeigt das Kapitel über den elektronischen Handel. Die geleakten Dokumente zeigen einen Antrag Japans, dem zufolge das Kapitel keinen Einfluss darauf haben soll, welche Güter als Dienstleistungen oder als Waren gehandelt werden. Das ist bedeutsam, da der Handel mit Dienstleistungen stärker reguliert ist als der mit Waren. Ebenfalls ist in diesem Kapitel der Wunsch Japans vermerkt, dass Nutzerdaten nicht in der Region gespeichert werden müssen, aus der die Nutzer stammen. Nach derzeitigem Stand müssen alle Nutzerdaten europäischer Bürger innerhalb der EU gespeichert werden, unabhängig davon, in welchem Land das speichernde Unternehmen seinen Sitz hat. So soll die Durchsetzung des europäischen Datenschutzrechts sichergestellt werden.

Problematisch sind aus Sicht von Umweltschutzgruppen auch die in Jefta angestrebten Umwelt- und Gesundheitsregelungen.

Diese beziehen sich explizit auf internationale Abkommen beispielsweise der WTO, die oftmals weniger streng sind als staatliche Vorschriften. Hier fürchten viele Kritiker eine Verschlechterung auf Kosten der Verbraucher. So müssen sich die importierenden Parteien jeweils auf die Angaben der anderen Seite verlassen, wenn es um mögliche Gesundheitsgefahren geht. Zwar können Informationen eingeholt werden, aber eine Überprüfung an Ort und Stelle ist nicht vorgesehen. Wenn es beispielsweise in Europa zu einem Ausbruch von BSE käme, müssten sich japanische Verbraucher auf die Angaben europäischer Behörden verlassen. Verstrahlte Lebensmittel aus der Region um Fukushima wiederum unterlägen lediglich einer Überprüfung durch japanische Behörden. Die Möglichkeiten für Behörden im jeweiligen Importland, die Einfuhr von Gütern abzulehnen, werden so stark beschränkt.

Dass Jefta nicht nur im Sinne der Verbraucher abgeschlossen wird, dürfte klar sein. Aber eine objektive Betrachtung des Abkommens ist wegen der Undurchsichtigkeit der Verhandlungen nahezu unmöglich, die geleakten Textstellen sind über ein Jahr alt und zeigen vor allem, dass bei ihrer Formulierung noch lange keine Einigkeit herrschte. So gibt es viele Hervorhebungen noch nicht festgelegter Formulierungen. Was viele Kritiker außerdem nicht erwähnen: Auch Bekenntnisse zum Arbeitnehmerschutz, zu Gewerkschaftsrechten und zur Gleich­be­rechtigung der Geschlechter sind im Abkommen zu finden.

Verbraucher- und Umweltschützer bewerten die angestrebte wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Japan und der EU negativ.

Doch angesichts einer veränderten Weltlage mit einem protektionistischen US-Präsidenten entpuppt sich ihre Herangehensweise oft ebenfalls als protektionistisch und auf Europa beschränkt. Jefta ist dabei auch ein Vorhaben, bei dem Staaten eine gemeinsame wirtschaftliche Zukunft anstreben, also sich durch Handel verbinden wollen, gerade in Zeiten »nationaler Alleingänge«. Die Frage ist nur, wen dieser Handel verbindet. Die Kritiker von Handelsabkommen sollten sich vielleicht erneut mit dem auseinandersetzen, was Marx und Engels schon in »Die Deu­tsche Ideologie« formulierten: »Während die Bourgeoisie jeder Nation noch aparte nationale Interessen behält, schuf die große Industrie eine Klasse, die bei allen Nationen dasselbe Interesse hat und bei der die Nationalität schon vernichtet ist, eine Klasse, die wirklich die ganze alte Welt los ist und zugleich ihr gegenübersteht.« Die Existenz dieser Klasse wäre in jedem Fall ein gutes Argument für den Freihandel.