Platte Buch - Der Roman »Sein eigener Herr« von Halldór Laxness

Selfmademan mit Blume

Island zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Der Knecht Bjartur will keiner mehr sein, er wünscht sich einen eigenen Hof, und sei er noch so klein und ärmlich. Den bekommt er auch: Viele Jahre schuftet er, um die Kaufsumme abzuzahlen, denn er will sein eigener Herr sein, niemandem etwas schulden, von niemandem Gefälligkeiten annehmen müssen. Ein schönes Ziel, aber eigentlich unerreichbar. Dennoch sieht es so aus, als könne Bjartur es schaffen. Dass er nicht elend zugrunde geht, ist eine Frechheit, finden viele. Die, die am Elend der armen Bauern verdienen, Spekulanten, Großbauern, Kaufleute, Pastoren. Und die, denen es ebenso dreckig geht wie Bjartur, die aber keinen Finger rühren, um ihre Lage zu ändern.

Es sieht zwar immer wieder schlecht aus für Bjartur, er lässt sich jedoch nicht beirren, rafft sich nach jedem Schicksalsschlag wieder auf, und wenn ihm jemand mit ­angeblich vernünftigen Argumenten kommt, ­antwortet er mit einem Vers aus uralter Dichtung – oder dichtet zur Not auch selbst. Deshalb ist Bjartur ein Held, der durchhält bis zum ­bitteren Ende, das gar nicht so bitter ist. Denn Bjartur hat die Blume ­seines Lebens gefunden, und wer sie hat, ist fein raus.

Was es mit der Blume auf sich hat, erzählt der isländische Schriftsteller und Literatunobelpreisträger Halldór Laxness in seinem gehaltvollen, spannenden und ungeheuer witzigen Roman, in dem neben Kapitalisten, Schafkillern und gewissenlosen Schullehrern auch jede Menge isländischer Gespenster auftreten. »Sein eigener Herr« war Laxness’ erster internationaler Erfolg. Gefragt, warum dieses Buch selbst in den USA so vielen Leser finde, sagte er, das sei doch klar. »Allein in New York leben Millionen von Menschen nach denselben Grundsätzen wie Bjartur!« Und nicht nur da, was diesen 80 Jahre alten Roman so umwerfend aktuell macht.

 

Halldór Laxness: Sein eigener Herr. Übersetzung aus dem ­Isländischen von Bruno Kress. Steidl-Verlag, Göttingen 2018, 608 Seiten, 24 Euro