Lange Haftstrafen für Mitarbeiter der türkischen oppositionellen Zeitung »Cumhuriyet«

Terror gegen Journalisten

Die harten Urteile gegen Mitarbeiter der oppositionellen Tageszeitung »Cumhuriyet« verdeutlichen einmal mehr, dass die türkische Justiz vor allem politischen Zielen dient.

»Ein Schandfleck für die türkische Justiz«, titelte die türkische oppositionelle Tageszeitung Cumhuriyet am Tag nach der Urteilsverkündung gegen 17 Angeklagte aus ihrem Verlagshaus. Nur zwei nicht redaktionell tätige Angestellte wurden freigesprochen. Das Verfahren gegen das Management und eine Vielzahl von Mitarbeitern endete am 25. April mit viel höheren Strafen als erwartet.

Richter Abdurrahman Orkun Dağ verkündete das Urteil im Gerichtssaal des Hochsicherheitsgefängnisses in Silivri. Er befand den Geschäftsführer von Cumhuriyet, Akın Atalay, und 14 seiner Mitarbeiter der »Unterstützung einer Terrororganisation« für schuldig. Atalay wurde zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt, der Chefredakteur Murat Sabuncu und der Reporter Ahmet Şık bekamen Haftstrafen von sieben Jahren und sechs Monaten. Die Journalisten Hikmet Çetinkaya und Orhan Erinç erhielten jeweils sechs Jahre und sechs Monate, während der Karikaturist Musa Kart und vier weitere Cumhuriyet-Mitarbeiter, Güray Öz, Mustafa Kemal Güngör, Hakan Kara und Önder Çelik, zu 45 Monaten Haft verurteilt wurden. Der Kolumnist Kadri Gürsel erhielt eine 30monatige Haftstrafe.

Das Gericht entschied, die Verfahren gegen den ehemaligen Chefredakteur, Can Dündar, und den ehemaligen Washington-Korrespondenten, İlhan Tanır, getrennt zu verhandeln, da sie sich momentan nicht in der Türkei ­befinden. Die Journalisten von Cumhuriyet reagierten auf Twitter auf die Verurteilungen. Chefredakteur Sabuncu, erklärte, dass er die Entscheidung als reine Schikane betrachte, um türkische Journalisten einzuschüchtern. In einem seiner Tweets heißt es: »Sie verurteilen mich zu siebeneinhalb Jahren. Sie sollten wissen, dass ich mich selbst verfluchen würde, ließe ich mir Angst machen. Ich werde in diesem Land bleiben, weiterhin als beherzter Journalist arbeiten, so wie ich es bis heute getan habe. Kein Urteil kann meine Liebe zu meinem Land oder zu meinem Beruf schmälern.« Tora Pekin, ein Justitiar von Cumhuriyet, sagte nach der Urteilsverkündung, dass es sich um einen ­politisch motivierten Prozess gehandelt habe: »Alle Angeklagten haben lediglich ihren Beruf ausgeübt, der Tatbestand der Propaganda wird rein willkürlich ausgelegt.« Die Anwälte der Tageszeitung werden für die Betroffenen in Berufung gehen. Solange das Berufungsverfahren läuft, bleiben die Journalisten in Freiheit. Sie dürfen das Land jedoch nicht verlassen.

Die Prozesse gegen Cumhuriyet begannen im Juli 2017, als die Staats­anwaltschaft die Macher der Zeitung der Unterstützung der Kurdischen ­Arbeiterpartei (PKK), der Hizmet-Bewegung des islamistischen Predigers Fethullah Gülen und der marxistisch-leninistische DHKP-C beschuldigten. Das sind absurde Vorwürfe, wie der Anwalt Pekin unterstreicht: »Die Zeitung hat immer wieder kritisch über all diese Organisationen berichtet. Zudem verfolgen diese ganz unterschiedliche Ziele, wie sollen die Journalisten sie also alle gleichzeitig unterstützen?« Den Blattmachern wird vorgeworfen, die Pläne für den gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 mit vorangetrieben zu haben, die ebenfalls diesen Organisationen zugerechnet werden.