Small Talk mit Armin von Ribbeck vom Künstlerkollektiv »Peng!«

»Gegen Vorlage des Personalausweises«

Verschlüsselte E-Mail-Kommunikation – jetzt endlich auch für Parlamentarierinnen und Parlamentarier im österreichischen National- und Bundesrat! Das Aktionskunstkollektiv »Peng!« hat in dieser Woche PGP-Keys für alle Abgeordneten veröffentlicht. Sein Pressesprecher Armin von Ribbeck hat mit der Jungle World gesprochen.
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Wie sieht der Verschlüsselungsservice aus, den das Peng!-Kollektiv für die österreichischen Parlamentarier geleistet hat?

Wir haben private und öffentliche E-Mail-Schlüssel für alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier im österreichischen Bundes- und Nationalrat erstellt und auf zwei Websites hochgeladen. Die eine ist gvkeys.at, dort findet man eine Liste aller Parlamentarier mit E-Mail-Addressen und öffentlichen Schlüsseln. Die andere Website ist der Keypool des Massachusetts Institute of Technology (MIT), erreichbar unter pgp.mit.edu. Das ist der offizielle globale Keyserver. Dort sind die PGP-Keys dauerhaft hinterlegt und können nicht mehr gelöscht werden. Der Clou ist: Bei vielen Mail-Programmen ist die Funktion vorinstalliert, abzufragen, ob der Empfänger einen PGP-Key auf dem MIT-Server hat. Ist dieser vorhanden, erhält der Empfänger eine verschlüsselte Mail. Um diese zu entschlüsseln, braucht der Empfänger allerdings einen privaten Schlüssel. In unserem Fall heißt das: Die Parlamentarier müssen erst einmal zu mir in die eigens von uns gegründete Dezernatsabteilung für E-Mail-Verschlüsselungsangelegenheiten am Museumsplatz in Wien kommen, um sich gegen Vorlage des Personalausweises ihren privaten Schlüssel abzuholen.

Gibt es österreichische Abgeordnete, die bereits mit verschlüsselter Kommunikation arbeiten?

Es gibt genau einen Abgeordneten. Er sitzt im Bundesrat.

Denken Sie, Ihre Intervention wird alle Abgeordneten dazu bewegen, auf eine sichere Kommunikationsform umzusteigen?

Das erhoffe ich mir schon. Ab sofort werden die Parlamentarier immer wieder auf verschlüsselte Mails reagieren müssen. Dazu be­nötigen sie den PGP-Key. Vermutlich wird die behördliche IT-Abteilung auch sagen: Verdammt, jetzt muss es wohl sein. Zudem handelt es sich um eine symbolische Aktion. Mit den PGP-Keys werden selbstverständlich nicht alle Probleme gelöst werden. Am heu­tigen Donnerstag will die FPÖ dem Parlament ein umfangreiches Überwachungspaket vorlegen, es wird schamlos über die Zer­störung demokratischer Grundsätze diskutiert. Da ist es doch allerhöchste Zeit, bewusst mit den eigenen Daten umzugehen – und das nicht nur für sich selbst, sondern auch zum Schutz anderer. Selbst wenn es mir gleichgültig ist, dass meine eigenen Geheimnisse öffentlich einsehbar sind, muss ich aus Rücksicht auf mein Gegenüber zur Verschlüsselung greifen.

Welche Maßnahmen will die FPÖ durchsetzen?

Das reiht sich ein in all das, was aus anderen Ländern und deren bereits verabschiedeten Überwachungsgesetzen bekannt ist. Ein Klassiker ist der Bundestrojaner, den es in Deutschland bereits gibt. Die FPÖ will auch eine verstärkte Videoüberwachung einführen, beispielsweise im Straßenverkehr. Ein weiterer Klassiker, den man sonst nur von der Mafia und anderen hochkriminellen Organisationen kennt, ist der sogenannte Imsi-Catcher. Er täuscht das Signal einer Funkzelle der Telekommunikationsunternehmen vor, mit der sich ein Handy verbindet. So gelangt man an die Daten von Mobiltelefonen und kann Gespräche abhören. Die Vorratsdatenspeicherung und die Registrierungspflicht für Sim-Karten sollen eingeführt, das Briefgeheimnis soll eingeschränkt werden. Umfangreiche Informationen zum Überwachungspaket findet man auf überwachungspaket.at.