Im Iran organisiert das Regime erneut ein antiisraelisches Festival

Der antisemitische Countdown

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Die vorgegebenen Themen des »Hour­glass Festival« fassen zentrale Elemente des eliminatorischen Anti­zionismus des Regimes zusammen. Die Titulierung Israels als »Krebsgeschür« zitiert eine gängige Formulierung Khameneis, die 2017 dem iranischen Propagandasender Press TV zufolge auch vom freundlichen Gesicht des Regimes, dem dauerlächelnden Rohani, benutzt wurde, nachdem er den jüdischen Staat zuvor schon als »alte Wunde im Körper des Islam« und »eiternden Tumor« bezeichnet hatte. Die Kennzeichnung Israels als »fake regime« greift Rohanis Brandrede von 2013 auf, in der er gegen das »künstliche Regime von Israel« wetterte, dessen angebliche Gründung durch die Kolonialmächte zu einer »Verdoppelung der Probleme« im Nahen Osten geführt habe: »Über die vergangenen 65 Jahre« könne »die Spur der Zionisten in jeder Plage und jedem Problem der Region aufgespürt werden«.

Mit den Attacken auf den jüdischen Staat als »künstliches Gebilde« und »fake regime« rekurrieren Rohani und andere Regimevertreter auf ein klassisches Stereotyp des antisemitischen Antizionismus. Hierbei wurde zunächst in der nationalsozialistischen Ideologie der zwanziger und dreißiger Jahre, in den sechziger und siebziger Jahren dann auch in der arabisch-nationalistischen und linken antizionistischen Propaganda die antisemitische Gegenüberstellung von »raffendem« und »schaffendem« Kapital durch das Gegensatzpaar von »organischen«, »echten« Staaten und »künstlichen Gebilden« ergänzt.

Beim »Hourglass Festival« geht es auch um das »Quds-occupier regime« als einen der Hauptprotagonisten der »Islamophobie«, ein Kampfbegriff zur Delegitimierung jeglicher Kritik an der islamischen Herrschaftspraxis im Iran, den das Regime mittlerweile durch den mäßig originellen Neologismus einer »Iranophobie« komplettiert hat. dieser Begriff wird unter anderem vom amtierenden Präsidenten gegen Kritiker der islamischen Militärtheokratie verwendet.

Dass für das iranische Regime nicht nur alles Zionistische böse, sondern auch alles Böse zionistisch ist, hatte Khamenei voriges Jahr dokumentiert, als er die westlich-liberalen Vorstellungen von Geschlechtergleichheit zur »zionistischen Verschwörung« erklärte. Der Zionismus wird in der Ideologie und Propaganda des iranischen Regimes nicht als ein gewöhnlicher politischer Gegner attackiert, sondern als Grundübel, das für nahezu alle Probleme in der Welt verantwortlich sei und dessen Auslöschung den Weg zur Erlösung bereite. Diese Streben soll unter anderem durch die beständige Abfolge von antisemitischen Konferenzen, Festivals und Wettbewerben unterstützt werden, die dem Regime offenbar umso notwendiger erscheinen, je mehr Demonstrierende ihm in den Straßen der iranischen Städte die Gefolgschaft aufkündigen.

Kritik an dem erneuten antiisraelischen Event im Iran ist in Deutschland bisher kaum zu vernehmen. Der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck fragte via Twitter das Auswärtige Amt und den Regierungssprecher, welche Auswirkungen das »Hour­glass Festival« auf die Beziehungen Deutschlands zum iranischen Regime habe und ob es eine Stellungnahme der Bundesregierung dazu gebe. Von einer Antwort ist bisher nichts bekannt.

Der deutsche Botschafter in Teheran,  Michael Klor-Berchtold, traf sich nur eine Woche nach Ankündigung des »Hourglass Festivals« mit dessen Hauptpromoter Amir-Abdollahian und dessen Chef Laridjani. Klor-Berchtold twitterte über eine »good discussion« – ob der Wettbewerb zum Ende Israels überhaupt Erwähnung fand, ist unklar. Kein Wunder, dass sich auch die deutsche Wirtschaft unbeeindruckt zeigt von dem neuerlichen antiisraelischen Spektakel: Am 11. März fand in Teheran ein »German Iranian Business Forum« mit Vertretern von Siemens, Bosch und der in Hamburg ansässigen Europäisch-Iranischen Handelsbank statt. Und Anfang Mai will eine Wirtschaftsdelegation des 1934 gegründeten Nah- und Mittelostvereins in den Iran fahren.