Die kolumbianische Bergbaupolitik bedroht vielerorts die Wasserversorgung und zieht Menschenrechtsverletzungen nach sich

Dreckiger Motor

Seite 2 – »Die Kohle soll im Boden bleiben.«

 

Für die Wasserversorgung aus den Páramos und die Gemeinden, die sich gegen den Rohstoffabbau vor der ­eigenen Haustür wehren, ist das eine schlechte Nachricht. Dazu gehören auch die Gemeinden La Guajira und Cesar, in denen es Konflikte um die Kohleförderung gibt. Zunächst versuchten die Kohlekonzerne, die Kontrolle über das Land zu erhalten, danach gab es Streit um die Transport­routen für die Kohle und mittlerweile immer öfter um das Wasser. 2001 wurde die afrokolumbianische Gemeinde Tabaco in einem brutalen Polizeieinsatz aus ihrem Dorf vertrieben, da die drei Bergbaukonzerne Glencore, BHP Billiton und Anglo American dort gemeinsam die Kohlemine Cerrejón betreiben wollten. Samuel Arregocés, der Sprecher der Gemeinde Tabaco, hat die Hoffnung aber nicht aufgegeben: »Wir folgen der Spur der Kohle bis zu dem Ort, wo sie in Energie umgewandelt wird, und wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Länder im Norden sich immer mehr Sorgen wegen des Klimawandels machen. Das eröffnet für uns auch die Möglichkeit, auf die Menschenrechtsverletzungen im Kontext des Kohlebergbaus hinzuweisen.« Sehr oft habe es gewaltsame Vertreibungen durch die Regierung oder paramilitärische Gruppen in den kohlefördernden Bezirken La Guajira und Cesar gegeben. Zudem seien viele Verträge mit den lokalen Gemeinden nicht eingehalten worden, klagt Arregocés.

Studien von Menschenrechtsorganisationen wie Pax aus den Niederlanden, die vorwiegend in Cesar arbeitet, bestätigen das. Dort haben paramilitä­rische Gruppen und Bergbauunternehmen wie die Drummond Company ­direkt zusammengearbeitet. Für die Studie wurde detalliert recherchiert, wie das Netzwerk funktioniert. So habe etwa der Kantinenwirt des US-amerikanischen Kohlekonzerns den Kontakt zu den paramilitärischen Kämpfern hergestellt und dafür Bargeld von den Managern angenommen.

Doch die Verantwortlichen für die Vertreibungen wurden bislang nicht zur Rechenschaft gezogen. »Straflosigkeit ist unser täglich Brot«, sagt Maira Méndez. Sie ist die Tochter Candido José Méndez’, eines Gewerkschafters und ehemaligen Arbeiters der Drummond Company, der am 19. Februar 2001 in seinem Haus an der Kreuzung von Chiriguaná vor den Augen seiner Familie erschossen wurde. Offenbar ging es darum, Gewerkschaftsführer auszuschalten. Verantwortlich für den Mord waren rund 30 Kämpfer der ­paramilitärischen Gruppe Bloque Juan Andrés Álvarez. Maira Méndez war ­damals 15 Jahre alt. Der Mord wurde zur Anzeige gebracht, immerhin sitzen einige paramilitärische Kämpfer dafür in Haft. »Die Hintermänner und Auftraggeber laufen jedoch weiterhin frei herum«, so Méndez.

Opferorganisationen hoffen, dass sich mit der Implementierung des Friedensvertrags mit der Farc und dem Aufbau der »Sonderjustiz für den Frieden« an den Verhältnissen nun etwas ändert. Das hofft auch Arregocés. Noch wichtiger für ihn und seine Gemeinde, die direkt an der Mine Cerrejón lebt, ist das Ende des Kohleabbaus: »Die Kohle kontaminiert uns vor Ort, aber auch die Menschen im Norden. Wir brauchen globale, alternative Konzepte gegen den Klimawandel. Für uns ist es besser, wenn die Kohle im Boden bleibt.«

Davon hält die kolumbianische Regierung gar nichts. Ende Oktober bereisten einige ihrer Vertreter Europa, um dort für den Kauf kolumbianischer Kohle zu werben.

 

Die Recherche war dank eines Reisekostenzuschusses von Brot für die Welt möglich.