Die Arbeit der kurdischen Fotografin Leyla Rojin Oğurlu

Jenseits der Wand

Seite 2 – Der Krieg in Bildern

 

Oğurlus Bilder zerstörter Städte erzählen eindrucksvoll von den Auswirkungen des kriegerischen Konflikts. Auch die Journalistin und ­Malerin Zehra Doğan beschäftigt sich mit dem Thema. Mit ihr hat ­Leyla Rojin Oğurlu in Nusaybin zusammengearbeitet. Oğurlu foto­grafierte, Doğan zeichnete die Zerstörungen und ihre Folgen während der Ausgangssperre im Sommer 2016. Für ihre düsteren Bilder von gepanzerten Metallkraken in Tarn­farben, aus denen bewaffnete dunkle Gestalten strömen und in ein mit türkischen Fahnen behängtes kurdisches Viertel laufen, wurde die in ­einem Gefängnis in Diyarbakır einsitzende Künstlerin in der Schweiz mit einem Preis für Zivilcourage ausgezeichnet.

 

Diyarbakir

Leyla Rojin Oğurlu in einem Café in der Altstadt von Diyarbakır

Bild:
Sabine Küper-Büsch

 

Auch Oğurlu befürchtete, verhaftet zu werden. Im November 2016 entließ die mittlerweile von der AKP dominierte Stadtverwaltung die ­Fotografin. Seit dem gescheiterten Militärputsch von 2016 verloren über 20 000 Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes ihre Arbeit. Fast alle oppositionellen Medien wurden verboten. Darunter auch die prokurdische Nachrichtenagentur Diha, für die Oğurlu manchmal arbeitete. Fast die gesamte Redaktion sitzt in Untersuchungshaft. Die ­Fotografin begann zu reisen, weil sie Angst vor einer Festnahme hatte. Viele ihrer Freunde und Kollegen ­sitzen im Gefängnis und leiden unter den Haftbedingungen.

Leyla Rojin Oğurlu nutzte Ende 2017 eine Einladung nach Europa, um sich nach Deutschland abzusetzen und einen Asylantrag zu stellen. Momentan macht sie sich Sorgen, ob die Behörden nachvollziehen können, was sich in den Land, aus dem sie geflohen ist, abspielt.

Der Schriftsteller Murat Saat starb kurz vor Neujahr an den Folgen ­eines Herzanfalls im Sicherheitstrakt von Bandırma. Sein Zellengenosse Ertan Tan übermittelte über seine Anwälte einen Brief, in dem er ausführte, dass der 41jährige Autor hätte überleben können, wenn er recht­zeitig in ein Krankenhaus gebracht worden wäre. Angehörige von poli­tischen Gefangenen, die im vergangenen Jahr nach einem Dekret des Präsidenten als angebliche Unterstützer von Terrororganisationen festgenommen wurden, klagen über Schikanen. Der Ehefrau des Journalisten Kadri Gürsel wurde immer wieder verwehrt, ihrem Mann warme Kleidung zu bringen, etwa weil die Farbe eines mitgebrachten Mantels gegen die Bestimmungen im Gefängnis verstoße. Die Anwälte des Investigativjournalisten Ahmet Şık beklagten nach seiner Verhaftung im ­vergangenen Frühjahr, dass ihrem Mandanten drei Tage lang kein Trinkwasser zur Verfügung gestanden habe.

Leyla Rojin Oğurlu nutzte Ende 2017 eine Einladung nach Europa, um sich nach Deutschland abzusetzen und einen Asylantrag zu stellen. Momentan macht sie sich Sorgen, ob die Behörden nachvollziehen können, was sich in den Land, aus dem sie geflohen ist, abspielt. »In der ­Türkei«, erklärte sie, »habe ich immer nur noch gehört, ich solle auf mich aufpassen. Aber die Sicherheit hängt dort nicht von eigenen Vorsichtsmaßnahmen ab. Bei der Arbeit war ich zuletzt in Todesgefahr. Wir wurden bedroht, sicher gefühlt habe ich mich nicht mehr. Uns allen ist das Lachen gehörig vergangen. Ein Ende dieser Phase ist nicht in Sicht.«