Homestory

Homestory #44

Dass die Jungle World alles anders als die anderen macht, damit werben wir stolz. Zeit und Taz feierten den einhundertsten Jahrestag der Oktoberrevolution schon in den letzten Wochen. Die Jungle wartet in aller Ruhe das eigentliche Datum ab: den 7. November, nach dem seit Februar 1918 auch in Russland geltenden gregorianischen Kalender.
 
Doch wir nehmen diese Vorgabe auch im Arbeitsalltag sehr ernst. Wie ernst, soll das folgende Beispiel zeigen: Während andere Frühjahrsputz machen, unternehmen wir unsere Expeditionen in die dunklen Winkel unserer Redaktionshöhle jetzt, also im Herbst. Eine Kollegin ist dabei ganz wagemutig sogar in Gebiete vorgestoßen, die seit etwa 2005 kein menschliches Auge mehr erblickt hat. Die Rede ist vom Küchenkühlschrank, dessen Ursprünge mindestens bis Ludwig Erhard zurückreichen. Ganz so alt war das, was die tapfere Kollegin in seinem Inneren fand, zwar nicht, erinnerte aber doch an die selige Jugendzeit Ihrer liebsten Wochenzeitung. Leider war kein Glas der unter Sammlern sehr begehrten, seit langem verblichenen Schokocrememarke »Käpt’n Nuss« dabei, dafür aber allerlei andere interessante alltagsarchäologische Objekte: Eine Flasche Fanta »Pink Grapefruit« (seit 2000 nicht mehr erhältlich), ein versteinerter Riegel »Raider« (heißt seit 1991 »Twix«) und eine Tupperdose undefinierbaren Inhalts mit DJ-Bobo-Logo. Der Protest des Umweltbeauftragten der Jungle World, die Reinigungsaktion gefährde in unverantwortlicher Weise die Artenvielfalt der Redaktionsmikroben, wurde übrigens nach längerer Debatte verworfen. Den Ausschlag gab das Argument, dass wer, wie wir, einen Kühlschrank der Energiesparklasse Z minus betreibt, über Ökologie ohnehin nicht diskutieren müsse.
 
Herbstzeit ist aber nicht nur die Zeit zum Putzen, sondern auch die Zeit, endlich mal wieder einen Ort der Musen zu besuchen. Und sich das anzugucken, was normalerweise in Berlin nur die Touristen bestaunen. Wir hätten einen Tipp: Schauen Sie ins Bröhan-Museum im Schloss Charlottenburg. Dort können Sie vom 8. November bis zum 21. Januar Originalabzüge der sowjetischen Plakate sehen, die den Themenschwerpunkt in dieser Ausgabe schmücken.