Small Talk mit der Rinder­züchterin Maria Mundry über Viehdiebstahl

»Rinder in Sicherheit«

Über 100 Rinder stahlen Diebe in den vergangenen Monaten aus Ställen und von Weiden in Brandenburg. Auch in anderen Bundesländern gab es kürzlich solche Vorfälle. Leben deutsche Landwirte deshalb in Angst und Schrecken? Maria Mundry züchtet in Brandenburg Angus-Rinder und hat mit der Jungle World gesprochen.

Wieviele Rinder besitzen Sie zurzeit?

24. Eine Lachnummer gemessen an Großbetrieben.

Sind die Tiere in Sicherheit?
Als ich gestern draußen war, befanden sich die Rinder alle noch in Sicherheit. Da ich bislang keinen Anruf erhalten habe, sollte immer noch alles in Ordnung sein.

Wieviel ist eines Ihrer Rinder wert?

Die ausgewachsenen Rinder sind im Schnitt zwischen 1 500 und 2 000 Euro wert. Der Wert ist aber abhängig von der Rasse.

Denken Sie angesichts der Schlagzeilen darüber nach, Ihre Rinder besser vor Diebstahl zu schützen?

Wir haben darüber nachgedacht. Uns ist allerdings nichts Sinnvolles eingefallen. Wir haben bereits einen guten Diebstahlschutz, da unsere Rinder an der Hauptroute der Dorfbewohner weiden. Das bringt selbstverständlich nichts, wenn jemand die Tiere nachts um drei klauen möchte.

Sind Rinder denn so zutraulich, dass sie leicht zu entwenden sind, oder muss ein Dieb mit Gegenwehr rechnen?

Solche Diebe müssen schon sehr professionell vorgehen. Ich kenne zwar die Gegebenheiten an den Orten nicht, an denen sich bislang Diebstähle ereignet haben. Aber jemand muss in jedem Fall mit Rindern umgehen können, um sie in die richtigen Wege zu leiten. Oder man fährt mit einem LKW nah an den Stall heran, um einen direkten Triebweg ins Fahrzeug zu haben. Dann kann man die Tiere einfach in den Anhänger jagen. Höchstwahrscheinlich kommen die Diebe mit einem Viehanhänger und genug Absperrgittern. Und professionellen Helfern.

Werden die Diebstähle unter Bauern diskutiert?

Auf jeden Fall reden die Bauern über die Vorfälle. Manche haben sich zur Sicherheit der Betriebsstätten Hunde angeschafft, von denen einige dann aber vergiftet wurden.

Haben die Branchenverbände Ratschläge für die Bauern?

Der sinnvollste Tipp war bisher, Kameras anzubringen. Die schrecken am wirkungsvollsten ab. Auf einer Weide ist das aber schwierig. Und Weidediebstähle gab es ja auch schon.

Die Tiere haben Marken im Ohr und sind somit leicht zu identifizieren. Wären gestohlene Tiere in der EU überhaupt zu vermarkten, ohne entdeckt zu werden?

Die Diebe können die Ohrmarken der Tiere herausschneiden. Das ist meines Wissens auch in einigen Fällen an Ort und Stelle vorgekommen. Wenn dann in einem anderen Land neue Marken eingezogen werden, haben die Tiere so etwas wie eine neue Identität. Und sobald die Diebe die EU verlassen, etwa in Richtung Osteuropa, lassen sich die Rinder ohne weiteres schlachten oder anderweitig vermarkten, etwa zur Zucht. In Deutschland können die Täter aber wegen der Ohrmarken nichts mit den Tieren anfangen.

In den Medien wird über Diebesbanden aus Osteuropa spekuliert, etwa aus der Ukraine. Könnten nicht auch deutsche Tierbefreier am Werk sein?

Vielleicht laufen die Tiere mittlerweile überglücklich lächelnd über irgendwelche Weiden. Aber die Wahrscheinlichkeit ist eher gering. Tierbefreier sind zu doof beziehungsweise es fehlt ihnen das professionelle Wissen, um Rinder zu klauen. Und sie haben keine Vieh­anhänger für 32 Tiere.