Der Streit um die Teheran-Sammlung

Der Iran-Deal

Die Ausstellung der Teheran-Sammlung wird voraussichtlich erst Anfang kommenden Jahres in Berlin zu sehen sein.
Von

Der Vorverkauf hatte bereits begonnen: Für vergangenen Sonntag, den 4. Dezember, war in der Berliner Gemäldegalerie eine spektakuläre Ausstellungseröffnung angekündigt. In den Vorberichten hatte die Schau das sensationsheischende Etikett »Kunst aus den Kellern« erhalten. Bei den Gemälden handelt es sich um Werke aus der Privatsammlung, die die Ehefrau des letzten persischen Schahs, Farah Diba, in aller Welt zusammengekauft hatte. Zwei Jahre vor der »islamischen Revolution« von 1979 wurden die Bilder in Teheran zum ersten Mal gezeigt, doch bereits ein Jahr nach der Eröffnung des ­Museums wurde die Sammlung von islamischen Sittenwächtern wieder geschlossen.
Die Sammlung, die Werke internationaler Künstler wie Max Ernst, ­Pablo Picasso, Francis Bacon, Jackson Pollock und Mark Rothko mit Werken iranischer Künstler aus den sechziger und siebziger Jahren vereint, wurde seitdem kaum gezeigt. Udo Kittelmann, Direktor der National­galerie in Berlin, äußerte sich enthusiastisch über den Kunstschatz aus Teheran und die Möglichkeit, die Bilder in Berlin auszustellen: »Da muss man im Westen weit reisen, um genau diese Qualität zu finden. Was für ein Pollock, was für ein Rothko, was für ein Bacon und so weiter und so weiter.« Hermann Parzinger, Leiter der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, wertete die Kooperation als Kunstsensation und als einen historischen Erfolg. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der das Vorhaben vorangetrieben hatte, wollte es als ein Signal kultureller und gesellschaftlicher Öffnung und als Einladung zum Dialog mit der iranischen Gesellschaft verstanden wissen. ­Bereits im Oktober 2015 war er in die iranische Hauptstadt gereist, um die Vereinbarung zum Teheran-Ausstellungsprojekt zu unterzeichnen. Der Verhandlungspartner war zunächst der Direktor des leihgebenden ­Museums, Majid Mollanoroozi. Der Kurator hatte im berüchtigten Wettbewerb der Holocaust-Karikaturen die Gewinner ausgezeichnet. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sah damit eine rote Linie überschritten und zog ihre Unterstützung für das Vorhaben zurück. Nach monatelangen Verhandlungen bot die iranische Seite mit dem stellvertretenden Kulturminister Abbas Salehi schließlich einen für die deutsche Delegation akzeptableren Kooperationspartner an. Durch die Umbildung der iranischen Regierung verzögerte sich die Angelegenheit weiter. Nach Angaben Parzingers hat der neue iranische Kulturminister Seyed Reza Salehi Amiri mittlerweile der Ausfuhr der 60 Werke zugestimmt. Die Genehmigung »liegt nun beim Präsidenten Hassan Rohani zur Unterschrift«. Mit einer Eröffnung der Ausstellung noch vor Weih­nachten werde es aber »sehr knapp«. Er rechne mit »einem Termin ab Mitte Januar«.
Die Befürworter der Schau betonen, die Ausstellung eröffne die Möglichkeiten eines Dialogs. Schließlich erhalte das Publikum hierzulande die seltene Möglichkeit, wichtige Werke der iranischen Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennenzulernen, darunter Bilder von Faramarz Pilaram, Mohsen Vaziri Moghadam und Behjat Sadr. Das Rahmenprogramm zur Ausstellung organisiert das Goethe-Institut in ­Kooperation mit der Berlinale, dem CTM-Festival und der Freien Univer­sität mit dem Ziel, die Werke kulturell und historisch zu kontextualisieren und »Räume der kulturellen Zusammenarbeit zu schaffen«.
Die international renommierte iranische Künstlerin Parastou Forouhari hält die geplante Ausstellung da­gegen für eine Propagandaschau des Regimes in Teheran. »Deutschland versucht hier nicht, eine kulturelle Öffnung zu bewirken, sondern hinter den Kulissen einen Deal mit der ­Islamischen Republik einzufädeln, der über unsere Köpfe hinweggeht«, sagte Forouhar der Zeit und kritisierte, dass Vertreter der iranischen Kunstszene bei der Planung übergangen worden seien. »Diese Kunst- und Kulturszene muss man hinzuziehen«, fordert Forouhar, deren ­Eltern vom iranischen Geheimdienst 1998 ermordet wurden. »Stattdessen machen die Deutschen klammheimlich genau dasselbe, was die Islamische Republik macht.«