Fahndung in der Ferne

Als der mittlerweile 53jährige Bernd Heidbreder 1995 untertauchte, gab es noch die Zeitschrift Radikal und das ehemalige Frauengefängnis Berlin-Grünau der DDR wurde gerade zu einem Abschiebegefängnis umgebaut. Zwei Jahre zuvor hatte der Bundestag durch eine Grundgesetzänderung das Recht auf Asyl weitgehend abgeschafft. Heidbreder war, wie vorige Woche bekannt wurde, bererits am 7. Juli in Venezuela verhaftet worden. Zielfahnder des BKA hatten ihn nach 19 Jahren in Mérida aufgespürt und die venezolanische Polizei um Amtshilfe gebeten. Heidbreder war mit internationalem Haftbefehl von Interpol als Mitglied »der links-terroristischen Vereinigung ›Das K.O.M.I.T.E.E.‹« zur Fahndung ausgeschrieben. Vorgeworfen wird der Gruppe die gescheiterte Sprengung des Abschiebegefängnisses Grünau. In einem Bekennerschreiben erklärte sie danach »unser Scheitern« und gab die Selbstauflösung wegen taktischer Fehler bekannt. Zufällig wurden Mitglieder am 11. April 1995 von einer Polizeistreife überrascht, ergriffen die Flucht und ließen belastendes Material zurück. Offensichtlich lehnte »Das K.O.M.I.T.E.E.« Gewalt gegen Personen ab.
Ihr erster Anschlag im Oktober 1994 auf ein Lagergebäude einer Bundeswehrkaserne verlief dagegen planmäßig. Es sei gelungen, »uns als deutsche Linke mit dem kurdischen Befreiungskampf in Bezug zu setzen«. Ihre Begründung changierte zwischen Ablehnung des deutschen Imperialismus und essentialisierender Solidarität mit der seinerzeit von vielen radikalen Linken als nationalistisch und militaristisch sowie wegen des Personenkults um ihren Vorsitzenden Abdullah Öcalan kritisierten PKK. Das Bernd Heidbreder Mitglied des »K.O.M.I.T.E.E.« war, ist nicht mehr als eine Behauptung der Polizei. Er hat unter anderem Namen als Einwanderer aus Kolumbien in Mérida gelebt und in einer Druckerei gearbeitet. Dass venezolanische Polizisten ihn festnahmen, deutet auf eine Auslieferungsbereitschaft hin. Aber es gibt kein entsprechendes Abkommen, die Praxis ist unterschiedlich. So kam ein in Venezuela festgenommenes Mitglied der Eta aufgrund von Protesten nach drei Monaten frei. Schlechter erging es einigen angeblichen Mitgliedern der Farc, die 2011 nach Kolumbien ausgeliefert wurden, weil es gerade politisch opportun erschien. Der damalige Präsident Hugo Chávez erklärte im selben Jahr, dass Venezuela seine internationalen Verpflichtungen erfüllen und weiterhin Angehörige der kolumbianischen Guerrilla ausliefern werde – Abschiebesozialismus des 21. Jahrhunderts.