Platte Buch

Überall Rost

Wer unbedingt weg will und sich tatsächlich auf den Weg macht, sollte sich eigentlich glücklich schätzen. Denn zurück bleiben diejenigen, die das nicht schaffen. So wie Poe, der beste Freund Isaacs. Er wird einen Mord auf sich nehmen, den er nicht begangen hat. Er tut es für Isaac.
Autor Philipp Meyer hat Poe und Isaac als gegensätzliche Charaktere von unterschiedlicher Statur entworfen: hier der etwas grobschlächtige ehemalige Highschool-Spitzensportler, der sich nicht aufraffen mag, den Wohnwagen, in dem er mit seiner Mutter lebt, Richtung Fremde zu verlassen; dort der filigrane, sensible Isaac, der unter einem tyrannischen Vater leidet. Er klaut 4 000 Dollar aus dessen Schreibtisch. Bloß weg hier.
Angesiedelt ist »Rost« in der Region Pittsburgh in einem Kaff namens Buell. Seit dem Niedergang der Stahlindustrie gilt Pittsburgh als Absetzbecken der Hoffnungslosen. Rost und Re­signation, wohin man schaut. Man kann Isaac fast zu gut verstehen. Kalifornien ist sein gelobtes Land, dort will er hin. Doch wie in so vielen großen existentiellen Romanen US-amerikanischer Schriftsteller folgt für den Reisenden bald eine Ernüchterung nach der anderen.
»Rost« ist ein Abgesang auf den amerikanischen Traum. Ein düsteres Sittengemälde, passend zur Zeit: Man kann es als Kommentar zur Krisenlage des Landes lesen. Gleichwohl ist es ein Buch der Hoffnung und der Freundschaft, voller wunderschöner Naturbeschreibungen, packend erzählt in kurzen kraftvollen Sätzen.

Philipp Meyer: Rost. Aus dem Englischen von Frank Heibert. Klett-Cotta, Stuttgart 2010, 464 Seiten, 22,95 Euro