»Es waren die größten Feiern seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein vor gut vier Jahren«, berichtete die Financial Times Deutschland. In der Nacht zum Montag voriger Woche füllten sich die Straßen in Bagdad, Falluja und Suleymania mit tanzenden, jubelnden Menschen, Nationalfahnen wurden geschwenkt, Autokorsos schoben sich hupend durch die Straßen, Kurden, Sunniten und Schiiten bemalten sich ihre Gesichter mit den Nationalfarben, das ganze Land schien auszuflippen. Was das irakische »Sommermärchen« von dem deutschen im vergangenen Jahr unterschied, war zum einen, dass bei den Feiern sieben Menschen getötet und 50 verletzt wurden, weil offenbar nicht alle wissen, dass man so genannte Freudenschüsse in die Luft abzufeuern hat. Zum anderen bot sich der Anlass des Jubels nicht im selben Land, sondern im fernen Indonesien: In der 71. Minute fiel in Jakarta das Siegtor über Saudi-Arabien, mit dem die irakische Fußballnationalmannschaft den Asien-Cup gewann.
Nach einem Eckstoß des kurdischen Spielers Mullah Mohammed köpfte der sunnitische Mannschaftskapitän Yunis Mahmoud den Ball mit der Stirn ins Tor. Seit Jahren gab es wohl kaum einen solch nationalen Taumel wie am vergangenen Wochenende – für ein paar Stunden. Eine nationale Fußballliga gibt es im Irak nicht, das Zentralstadion in Bagdad ist gesperrt. Die Nationalspieler leben und spielen nicht im Irak, sondern beispielsweise in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien. Sie werden auch nicht zu Siegesfeiern in die Heimat reisen, wie der Mannschaftskapitän erklärte, denn man wisse nie, von wem man erschossen werde. Drei der Spieler haben in den vergangenen Monaten Angehörige bei Terroranschlägen verloren, der Physiotherapeut der Mannschaft wurde kurz vor Beginn des Turniers bei einem Anschlag getötet. Nach dem Sieg über Südkorea im Halbfinale waren über 50 feiernde Fußballfans bei zwei Selbstmordattentaten in Masur und Bagdad ermordet worden.
Der kurdische Vorlagengeber erklärte bei der Pokalverleihung, er hoffe, der Sieg werde helfen, sein Land zu vereinen. Der sunnitische Torschütze erklärte, er wolle, »dass die Amerikaner den Irak verlassen«. IB