Gut sortiert

Integration und Rechtsextreme von steffen falk

Zahlreiche rassistische Gewalttaten und die Pläne der Bundesregierung für die Integration von Zuwanderern bringen gleichzeitig verlaufende Debatten hervor, die anscheinend nicht zusammenpassen. Zum einen wird über den richtigen Umgang mit dem neu eingebürgerten Teil der deutschen Bevölkerung und dem zweckdienlichen Verlauf der Einbürgerung debattiert. Zum anderen streitet man über die richtige Betreuung fehlgeleiteter Nationalisten, die zur unpassenden Zeit mit ihren Gewalt­exzessen auf sich aufmerksam machen.

Was die Diskussionsteilnehmer aus Politik, Kultur und Gesellschaft eint, ist das Ziel: Integration zum Wohle Deutschlands. Wenn organisierte Rechtsextreme oder betrunkene Jugendliche etwa gewalttätig gegen dunkelhäutige Deutsche vorgehen, missachten sie die offizielle Sortierung in In- und Ausländer, in gute und schlech­te Deutsche. Ihre Taten stellen eine handfeste Kritik an der vorliegenden Sortierung der Nation dar. Auf das Übermaß der konkurrierenden Gewalt der Neonazis reagiert der maßgebliche Sortierer mit einer Klarstellung: Wenn hier einer No-Go-Areas einrichtet, dann ist es der deutsche Staat mit seinen zuständigen Behörden und Abschiebelagern, lautet die unmissverständliche Botschaft.

Diskutiert wird, wann, wie lange, wie viel Polizei an welchen Orten einzusetzen sei, um mögliche Opfer zu schützen, vor allem während der Fußballweltmeisterschaft. Man streitet für ein höheres Ziel: Deutschlands Ansehen. Das soll noch den letzten uneinsichtigen Deutschen überzeugen. Wenn Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) anlässlich seines Antrittsbesuches beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 19. April dafür wirbt, die Einbürgerungswilligen zu akzeptieren, dann ist das ein Signal an die Deutschen, die neuen nützlichen Mitglieder dieser Gesellschaft, wenn schon nicht begeistert zu empfangen, so doch bei ihren Anpassungsbemühungen zu unterstützen.

Dass die Forderung, sich bei der Integration mehr anzustrengen, vor allem an die ergeht, die eingebürgert werden wollen, davon zeugen u.a. die Debatten um Sprach- und Wissenstests und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von vergangener Woche, das die Rücknahme der Staatsbürgerschaft im Falle der »Erschleichung« ermöglicht. Die Staatsbürgerschaft wird eben im Sinne des Wortes nur »verliehen«. Frisch eingebürgerte, ehemalige Ausländer werden nicht nur nach wie vor verdächtigt, ihrer alten »Heimat« näher zu stehen, sondern auch aufgrund eines Missverständnisses die deutsche Staats­bür­ger­schaft angestrebt zu haben. Wer einen deutschen Pass nur will, um es zu Wohlstand zu bringen, dem fehlt es nach Auffassung demokratischer Na­tio­nalisten offensichtlich an Anstand.

Ein materialistischer Egoismus verträgt sich eben schlecht mit der erwünschten Gesinnung eines Staatsbürgers. Dieser zeichnet sich nämlich immer noch dadurch aus, dass er dem Staat dient und nicht umgekehrt. Die Politik will sicherstellen, dass ihr bei der neuerlichen Sortierung kein Fehler unterläuft. Der Appell, wegen der eigenen schäbigen Lage nicht dem Verwalter und Nutznießer dieser Lage, dem deutschen Staat, zur Last zu fallen, ergeht allerdings an eingeborene und zugereiste Staatsbürger.