31.07.1997

Allerdings

Schwer lastet seit jeher die Bürde des Erwartungsdruckes auf unserem unausgezeichnetesten Literatur-Nobelpreisträger schlechthin, dem gebürtigen Danziger und heutigem schleswig-holsteinischen und mitunter berlinischen Günter Grass (Gedichte übers Gleisdreieck!!!). Während sich Polen im Sommer 1997 weitenteils nur noch per Propellerlandschiff erschließen läßt, ist das Land jenseits der deutschen Landser-Flüsse Odäunscheißée für den an sich vom Stockholmer Kommitee fehlprämiertesten aller jemals mit deutscher Zunge betriebenen Autoren ("Zunge zeigen") nun gewissermaßen vollends offen: Bereit zeigt sich Polen für kohlestiftgeführte Erkundungen seitens des Zeichenunholdes und Romanversuchsschriftstellers.

Bevor Günter "Gras" Grass allerdings diesen neuerlich erschütternden Befund seiner schon rauchenden, eigentlich eher "brummenden" (D. Steinmann) und immer allseitiger sich offenbarenden Unfähigkeit auf dem Feld der Kunstausübung dem gebeutelten Kosmos aufs Augen drücken wird, preßt der zu allem bereite Steidl-Verlag im Oktober ein Buch mit bunten Malvorgängen des künftigen polnischen Staatskunstzeichners in die Welt, ein schon sehr arschdumm dahergetiteltes Opus namens "Fundsachen für Nichtleser", ein, so verraten Kostproben, entmutigend überflüssiges und doch von dröhnender Selbstüberzeugung kündendes Stück Volkshochschulaquarellistik. Zu diesem deprimierenden Vorgang meldete ausgerechnet die Münchner Tagezeitung tz schon am 5. 5. 1997, daß Grass nach aller der deutschen Nationalfrage klösterlich dienenden Disziplinarschriftstellerei nun außer Rand und Band geraten sei, nämlich erzählt die Pfeife, "nach einer längeren Prosapause habe ich meinen alten Aquarellkasten entstaubt und angefangen, in der Natur zu aquarellieren. Nach einer gewissen Zeit meldeten sich Wörter. Es wurde dinglich. (...) Aus den Wörtern wurden kurze Gedichte. Die Niederschrift fand im Aquarell statt, direkt in das Stilleben, das Landschaftsbild hineinkomponiert."

Direkt in die Hamburger Morgenpost vom 19. 7. gluckste Grass mutmaßlich auf Anraten des Lübecker Genossen Engholm hinein, der von ihm erhobene Vorwurf der "verschleppten Ermittlung" gegen das benachbarte Nazipack sei jetzt doch und vollends überholt: "Ich bin froh, daß dieser Verdacht von mir nicht aufrechterhalten werden kann."